Weshalb sollen wir zu einem souveränen Gott beten?

Warum beten wir? - Wir erbitten etwas von Gott. - Geht es darum, dass Gott Seine Absichten oder Seinen Plan ändert? - Was für ein Gott wäre das, der Seinen ewigen und vollkommenen Plan über den Haufen wirft, weil eines Seiner Kinder für irgendwas anderes betet? Es wäre ein Gott, der Seine Ziele und Pläne nicht durchführen kann, weil Ihm andauernd jemand dazwischenfunkt. Was ist das für ein erbärmliches Bild von Gott? Und was ist das für ein Verständnis von Gebet?

Klartext: Biblisch orientiertes Gebet hat überhaupt nicht die Absicht, den ewigen Plan Gottes zu verändern, den Er vor Anbeginn der Welt gefasst hat. Gebet verändert nicht den Willen Gottes, nein, Gebet IST der Wille Gottes! (1. Thessalonicher 5,17)

Der Wille Gottes ist kein abstraktes Ding, keine abstrakte Wahrheit, kein Schicksal, das sich unaufhaltsam abspielt, ohne unsere Mitwirkung, ohne dass wir irgendwas damit zu tun hätten. Mit dem gleichen Argument könnten diese Menschen auch sagen:

  • Wenn Gott bestimmt hat, dass wir leben sollen, warum soll ich dann noch atmen?

  • Wenn Gott bestimmt hat, dass wir reden sollen, warum soll ich dann noch den Mund öffnen?

  • Wenn Gott bestimmt hat, dass wir satt werden sollen, warum sollen wir uns dann noch hinsetzen und essen?

  • Wenn Gott versprochen hat, dass er uns finanziell versorgt, warum soll ich dann noch arbeiten?

  • Legen wir uns am Besten hin und machen überhaupt nichts mehr!

Das wäre purer Fatalismus! Das ist Schicksalsglaube – aber nicht Glaube an den guten Plan und Willen Gottes! Aber niemand handelt so. Wer Gottes verborgenen Plan als Ausrede verwendet, nicht zu beten, der sollte auch aufhören zu atmen, zu arbeiten und zu essen!

Der Ratschluss Gottes ist der Wille Gottes, der immer und unfehlbar erreicht wird – so wahr Gott Gott ist! Und kein Ungehorsam von uns Menschen, keine Sünde, kein Satan, ja auch kein Gebet der Kinder Gottes kann an diesem ewigen Plan Gottes für die Menschheit jemals etwas ändern. Daran lässt die Bibel keinen Zweifel! Jemand hat einmal gesagt: „Das Gebot sagt dem Menschen, WIE ER SEIN SOLL; der Ratschluss legt fest, WAS ER SEIN WIRD!“

Diesen Grundsatz wollen wir nun auf die Frage, die manche Christen haben, anwenden: "Wenn Gott manche Menschen zum Ewigen Leben "erwählt" hat (2. Thessalonicher 2,13), macht es dann Sinn für die Verlorenen zu beten?" Wir wissen: Die Heilige Schrift lehrt uns ausdrücklich, dass wir all-zeit und für alles beten sollen (Epheser 6,18; 1. Thessalonicher 5,25). Dabei müssen wir festhalten:

  1. Gott ist absolut souverän. Doch Seine Souveränität hat in der Bibel nie die Funktion, die menschliche Verantwortung einzuschränken.

  2. Menschen sind verantwortliche Geschöpfe - das heißt: sie treffen Entscheidungen, sie glauben, sie sind ungehorsam, sie antworten, und ihre Entscheidungen haben moralisches Gewicht. Doch menschliche Verantwortung hat in der Bibel nie die Funktion, Gottes Souveränität zu schmälern oder Gott absolut willkürlich zu machen.

Zu 1: Jesus sagt z.B. dass die Vögel Nahrung haben, weil der Vater für sie sorgt und sie ernährt (Matthäus 6,26) und Wildblumen sind so schön, weil Gott das Gras kleidet (Matthäus 6,30). Also: Gott steht hinter den natürlichen Prozessen.

Deshalb heißt es in der Bibel. "Gott schickt den Regen, den Wind, die Wellen". Und wenn es in Epheser 1,11 heißt, "Gott wirkt alles nach dem Ratschluss seines Willens", dann bedeutet das, dass auf geheimnisvolle Art und Weise und ohne selbst vom Bösen beschmutzt zu werden, Gott hinter allem steht. Doch wird in keinem dieser Fälle die menschliche Verantwortung eingeschränkt. So ist es zwar Gott in seinem Zorn, der David dazu bringt, die verbotene Volkszählung durchzuführen (2. Samuel 24,1), dennoch ist David für sein Handeln selbst verantwortlich.

Zu 2: Überall in der Bibel werden Menschen aufgefordert, dass sie Gott gehorchen und ihm vertrauen sollen, dass sie Buße tun sollen und ihre Sünden bekennen. (Jesaja 30,18; 65,2; Klagelieder 3,31-36; Hesekiel 18,30-32; 33,11) Das Evangelium fordert eine persönliche Stellungnahme (Römer 10,9-11: "Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn mit dem Herzen glaubt man, um gerecht zu werden, und mit dem Mund bekennt man, um gerettet zu werden; denn die Schrift spricht: Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden!"). Natürlich stellt nichts davon Gottes Souveränität in Frage, denn nur wenige Verse vorher betont Er sie ausdrücklich (Römer 9,18).

Die Bibel sagt also sowohl, das Gott souverän ist, als auch, dass die Menschen für ihr Handeln selbst verantwortlich sind. Unser Problem besteht darin, zu glauben, dass beide Aussagen wahr sind. Wir neigen stets dazu, den einen Punkt auf Kosten des anderen zu betonen. Wir müssen das Gesamtbild im Auge haben.

Paulus war wie wohl kein anderer Mensch von der Souveränität Gottes überzeugt. Dennoch, oder soll man sagen, deshalb war er der größte Beter der Christenheit.

Wir betrachten diesen Zusammenhang anhand Epheser 1,3-23.

Um wen geht es in den Versen 3-14 hauptsächlich? - Um den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Welche Gebetsform verwendet Paulus hier? - Um Anbetung (für das, was Er ist) und um Lob (für das, was Er tut oder getan hat) - keine Bitte!

Was ist für Paulus das besonders Tröstliche an all dem? - Dass wir einen souveränen Gott als Vater haben.

Wofür dankt Paulus Gott in den Versen 15-16? - Er dankt Seiner souveränen Gnade, dass sie sich im Leben seiner Geschwister so machtvoll erwiesen hat.

1. Weil Gott souverän ist, sagt Paulus Dank für Gottes eingreifende, souveräne Gnade im Leben seiner Geschwister. (Verse 15-16)

Paulus sieht in der Bekehrung der Epheser ein wunderbares Beispiel für Gottes souveränes und gnädiges Eingreifen im Leben von Männern und Frauen. Ihr Glaube stützt sich allein auf Jesus Christus. Ihr Charakter ist verändert worden. Das wird deutlich in ihrer Liebe zu allen Heiligen.

Weil es Gott ist, der dies in ihnen gewirkt hat, dankt Paulus Gott unaufhörlich. Weil es Gott allein ist, der in Seiner Souveränität und Gnade auch weiterhin solche Veränderung wirkt, ist Er derjenige, den man darum bitten muss, dass Er Sein gutes Werk fortführen möge. Weil Gott souverän ist, sagt Paulus Ihm Dank für Sein Eingreifen und Seine Gnade im Leben seiner Leser.

Paulus will deutlich machen, dass ohne Gottes mächtiges, veränderndes Wirken diese Menschen nie Christen geworden wären. Ohne Gott hätten sie nie angefangen, das Vertrauen, die Treue und Liebe an den Tag zu legen, die sich nun so reichlich in ihrem Leben zeigen.

Worum betet Paulus in den Versen 17-19? Wir wollen das mit eigenen Worten wiedergeben. - Dass der Vater seinen Kindern den Geist der Weisheit und Offenbarung schenken möge, damit sie Ihn besser kennenlernen mögen, d.h. ihre Hoffnung, ihr Erbe und Gottes Kraft.

2. Weil Gott souverän ist, tut Paulus Fürbitte dafür, dass Gottes souveräne, heilige Ziele in der Erlösung seines Volkes erreicht werden mögen (Verse 17-19).

Genau wie Daniel für das Ende der Verbannung betete (Daniel 9,1f), weil Gott es verheißen hatte, so betet Paulus dafür, dass die Christen in ihrer Erkenntnis wachsen mögen, weil Gott Seine Absicht kundgetan hat, Seinem Volk die Herrlichkeit Seiner Gnade, jetzt und in Ewigkeit immer deutlicher vor Augen zu führen.

Christen rufen: "Ja, komm Herr Jesus!" (Offenbarung 22,20) und sie tun das, weil sie wissen, dass es Jesus so verheißen hat und so machen sie die Verheißung zu ihrem Gebet.

Weil Gott das in Christen begonnene Werk auch vollführen wird, deshalb beten sie füreinander, dass Gott dies tun möge (Philipper 1,3-6).

Weil Gott uns in Christus erwählt hat (Vers 4), weil Er uns vorherbestimmt hat, durch Christus adoptiert zu werden (Verse 4-5), weil Gott Seine Reichtümer über uns ausgegossen hat (Verse 7-8), deswegen müssen wir so beten, wie es Paulus tat. Gottes souveräne Gnade darf für uns kein Hinderungsgrund für das Gebet sein, sondern sollte Anreiz für uns Beten darstellen - wie bei Paulus (Verse 15-17).

Wofür betet Paulus konkret?

a. Paulus betet dafür, dass die Epheser Gott besser kennen lernen mögen.

Je besser wir Gott kennenlernen, desto mehr wünschen wir uns, ihn noch besser zu kennen.

Woher kommt die wachsende Erkenntnis Gottes?

Indem wir Gott bitten, uns den Geist der Weisheit und Offenbarung zu schenken. Nur dadurch, dass Gott uns diese Bitte erfüllt, können wir ihn besser kennen lernen.

Alle Segnungen Gottes werden uns durch seinen Sohn vermittelt; und noch mehr: Auch alle Segnungen des Neuen Bundes Gottes sind uns durch seinen Sohn bereits sicher, sodass das Gebet im Namen Jesu bedeutet, dass wir damit die Grundlage benennen, auf der Gott solche Bitten erhört: Jesus selbst.

"Gott, der Vater der Herrlichkeit" - Die Herrlichkeit wird in der Bibel sowohl mit Gottes Wohnort, als auch mit seiner Selbstoffenbarung assoziiert. - Jesus will zum Wohnort seines Vaters zurückkehren, zu der Herrlichkeit, die er mit dem Vater schon vor Anbeginn der Welt genossen hat (Johannes 17,5). Herrlichkeit ist der endgültige Bestimmungsort des Christen. Deswegen bedeutet für Paulus, zum Vater der Herrlichkeit zu beten, dass er sein Bewusstsein für den wahren Wohnort Gottes bekennt, dass er seine Dankbarkeit für Gottes gnädige Selbstoffenbarung ausspricht und dass er den Wohnort des Vaters als die letztendliche Hoffnung des Christen verehrt.

Paulus betet dafür, dass Gott seinen Lesern des Geist der Weisheit und Offenbarung geben möge, damit sie ihn besser erkennen können. Was für ein Gott wird ein solches Gebet erhören? Es ist der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, denn alle Segnungen Gottes sind durch das Werk Christi schon für uns gewonnen. Mehr noch: Durch Christus sind wir Teil der Familie Gottes.

Manfred Herold

Manfred Herold