Enttäuscht von Jesus

„Jesus sagte zu ihnen: »Ich versichere euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und Ich werde ihn an jenem letzten Tag auferwecken. Denn Mein Fleisch ist die wahre Nahrung, und Mein Blut ist der wahre Trank. Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir, und Ich bleibe in ihm. Der Vater, der lebendige ´Gott`, hat Mich gesandt, und Ich lebe durch ihn. Genauso wird auch der, der Mich isst, durch Mich leben. Das ist also das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Bei diesem Brot ist es nicht wie bei dem, das die Vorfahren gegessen haben. Sie sind gestorben; aber wer dieses Brot isst, wird ewig leben.« Diese Dinge sagte Jesus, als Er in der Synagoge von Kapernaum lehrte. Empört sagten viele Seiner Jünger: »Was Er da redet, ist eine Zumutung! Wie kann man von jemand verlangen, sich so etwas anzuhören?« Jesus war sich bewusst, dass die Jünger über Seine Worte empört waren. »Daran nehmt ihr Anstoß?«, fragte Er sie. »Und ´was werdet ihr sagen,` wenn ihr den Menschensohn in den Himmel zurückkehren seht, dorthin, wo Er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch ist dazu nicht fähig. Die Worte, die Ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben. Aber es sind einige unter euch, die glauben nicht.« Jesus wusste nämlich von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wusste auch, wer es war, der Ihn verraten würde. Er schloss mit den Worten: »Aus diesem Grund habe Ich zu euch gesagt: Niemand kann von sich selbst aus zu Mir kommen; es kann nur durch das Wirken des Vaters geschehen.« Von da an zogen sich viele Seiner Jünger von Ihm zurück und begleiteten ihn nicht mehr.“ (Johannes 6,53-69) - Eigentlich weigern wir uns, so etwas zu glauben: Jesus laufen die Leute weg! - Diesem Herrn, der im Land umherzieht und überall nur Gutes tut, der das Volk speist, Kranke heilt, Tote auferweckt, - dem laufen die Menschen weg.

Wenn uns das passiert, sind wir traurig, fragen uns nach den Gründen und oft genug demütigt uns eine solche Untersuchung - aber wir halten es grundsätzlich für möglich, dass jemand mit uns nicht mehr will oder nicht mehr kann.

Aber bei Jesus? Aus welchen Gründen verlassen Menschen Jesus und damit auch Seine Gemeinde? Und was noch wichtiger ist: „Was hält Menschen bei Jesus?“ - Wir wollen den Abschnitt Johannes 6,53-69 miteinander betrachten und Gottes Wort und Gottes Geist an unseren Herzen arbeiten lassen.

1. Die unerhörte Zumutung

Viele von Seinen Jüngern hatte Er damit verärgert. „Das ist ja unerhört!“ meinten sie. „Nein, das ist zu viel!“ (Johannes 6,60)

Wir fragen erschrocken: „Was ist denn hier passiert? Wodurch hatte Jesus denn Seine Zuhörer verärgert?“- Wenn wir die vorausgehende Predigt Jesu betrachten, finden wir die Antwort: Es ging um Speise, die den inneren Hunger jedes Menschen für Zeit und Ewigkeit stillt (Vers 27). - Ein hochaktuelles Thema.

Womit versuchen wir diesen Hunger der Seele nicht alles zu stillen? Mit unserer Arbeit, mit Politik, mit Geld, mit Besitz, mit Wahrheitssuche, mit Liebe und Erfolg, mit Ansehen und Ehre... nur, um am Ende festzustellen: Das alles macht nicht satt, nicht wirklich zufrieden und froh!

Und Jesus tritt auf und sagt von sich: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Vers 35), d.h. das Brot, das Leben nicht nur erhält, sondern es sogar auch schenkt, ja bewirkt. Er lenkt aller Augen auf Sich. Die Botschaft ist für jeden Einzelnen überlebenswichtig. Deshalb: Alle gut hergehört! - Hast du dieses Brot schon gegessen – d.h. hast du Jesus schon als deinen größten Schatz erkannt und Ihn als solchen angenommen? Lässt du Ihn dich ausfüllen, sodass Er dein Denken, Fühlen und Wollen beherrschen kann? Hast du Hunger nach Leben, dann wende dich Jesus zu!?

Wodurch Er als das Brot ihnen Leben schenken würde, hat Jesus auch gesagt: durch den Glauben! (Vers 29) Und „glauben“ bedeutet, Jesus aufzunehmen, Ihn in sich hinein zu nehmen. Ihn zum Kernpunkt seines Lebens zu machen. Das will Jesus mit dem Bild des Essens ausdrücken (Vers 51). Sein Fleisch essen und Sein Blut trinken, bedeutet, vom Opfer Jesu zu leben, sich Sein Opfer anzueignen. Was Er für uns getan hat zu verinnerlichen. - Glaubst du in dieser Weise bereits an Jesus Christus?

Das Leben einer Maus eröffnet die Möglichkeiten einer Maus. Das Leben eines Tigers eröffnet die Möglichkeiten eines Tigers. Das Leben eines Menschen eröffnet die Möglichkeiten eines Menschen. Das Leben Jesu Christi eröffnet die Möglichkeiten Jesu Christi. - Das Leben eines Christen zu leben bedeutet nicht, in schwierigen Situationen Gott um mehr Kraft anzuflehen. Als Christ zu leben heißt, es zu lernen, aus der Kraft, die einem bereits geschenkt worden ist, zu leben. - Bist du dabei, das zu lernen?

Und worin lag die Zumutung für Seine Hörer? Dass wir diese Zumutung oft nicht mehr als eine solche empfinden, ist ein wesentlicher Teil unseres Problems. - Es war und ist die Tatsache der vollständigen Abhängigkeit von Jesus, des totalen Angewiesenseins auf Jesus, der erwarteten völligen Identifizierung mit Jesus, des einzig und allein rettenden Opfers Jesu, das hier zum Ausdruck gebracht wurde. Diesen Ausschließlichkeitsanspruch Jesu empfanden sie als Zumutung. „Nur Jesus? Nur Er allein? Sonst nichts und niemand? - Ist diese Fragestellung nicht höchst aktuell? Ist das nicht wirklichkeitsfremd, überspannt, fanatisch?“ Das war ihnen zu viel! Wie steht es mit dir?

2. Der beginnende Abfall

Nach dieser Rede wandten sich viele Seiner Jünger von Jesus ab und gingen nicht mehr mit Ihm.“ (Johannes 6,66)

Ich möchte nicht soweit gehen und allen, die Jesus jetzt verließen eigensüchtige Motive zu unterstellen. Es erscheint mir zu oberflächlich, wenn man sagt: „Solange sie sich etwas von Jesus versprachen, folgten sie Ihm nach, aber als der Weg steinig und steil wurde, als sie um Seinetwillen leiden sollten, verließen sie Ihn.“ Das mag wohl alles eine Rolle gespielt haben, aber ob es der Hauptgrund war, bezweifle ich.

Haben sie Jesus vielleicht nicht einfach besser verstanden als wir? Waren sie vielleicht nicht nur ehrlicher als wir? - Niemand sollte jemals auf den Gedanken kommen, es fiele Menschen leicht, alle persönlichen Rechte aufzugeben und alle eigenen Wünsche und Ziele, alle Selbständigkeit und Selbstbestimmung an Jesus abzugeben! Damals wie heute bleibt es für einen Nachfolger Jesu eine Anfechtung, im Schatten des Kreuzes, das unser Eigenleben, unseren Eigensinn, unsere Eigenliebe durchkreuzt, zu leben! - Aber wir wollen das ewige Ziel im Auge behalten. Wir wollen nicht zu denen gehören, die zwar von allem den Preis, aber nur von sehr wenigem den Wert kennen. Ja-wohl, es kostet etwas, Jesus nachzufolgen! Aber zu welch einem herrlichen Ziel führt dieser Weg!

Die damals angesprochenen Jünger setzten sich von Jesus ab, indem sie Ihn einfach allein weiter ziehen ließen. Sie wollten gewiss gute Freunde Jesu bleiben. Sie hatten ja auch nie etwas gegen Seine Wundertaten und Zeichenhandlungen gehabt, nur Seine Lehre, Sein Wort, das passte ihnen nicht. Das verstanden sie oft nicht, darüber ärgerten sie sich manchmal.

In unseren Tagen wird Jesus in Seiner Gemeinde oft allein gelassen, Sein Wort wird gering geachtet, für zu schwierig gehalten. Nachfolge Jesu ist ohne eindeutige Beziehung zu Seiner Gemeinde und Seinem Wort undenkbar. Die Verweigerung verbindlicher Nachfolge ist Abfall von Jesus. Die Abfallenden kehrten in ihr altes Leben zurück. Dieser Abfall hatte nichts dramatisches; sich leise davon zumachen ist auch heute noch leicht. - Wie steht es damit bei dir?

3. Die klarstellende Anfrage

Da fragte Jesus auch Seine zwölf Jünger: Wollt ihr auch weggehen und Mich verlassen?“ (Johannes 6,67)

Die Schar der Jünger begann sich zu lichten. Doch Jesus tat so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was heute allgemein in ähnlichen Situationen geschieht. Er lief nicht bittend und bettelnd hinter den Wegbleibenden her. Er machte ihnen auch kein „Sonderangebot der Nachfolge“, „alles wesentlich billiger“, „wie hätten sie es denn gern?“ Er beeilte sich nicht, die Maßstäbe herunter zu schrauben. Er senkte nicht die Kosten der Nachfolge, um möglichst viele bei der Stange zu halten. Er beruhigte nicht großzügig: „Ganz so ernst müsst ihr das alles nicht nehmen!“ Er fragte die treusten der Treuen, den noch bei Ihm verbliebenen harten Kern der Zwölf: „Wollt ihr auch weggehen?“

Denn eins muss immer klar bleiben: Jesus braucht nicht uns, - wir brauchen Ihn! Wir tun nicht Jesus einen Gefallen, wenn wir Ihm nachfolgen, sondern Er tut uns einen Gefallen, wenn Er uns auf dem Weg zum Vater mit nimmt. Deshalb diese klarstellende Anfrage. - Jesus scheut sich nicht, auch dir heute diese Frage zu stellen. Welche Antwort gibst du mit deinem Leben?

Jesus fragte nicht nur zum Schein. Er dringt noch heute auf völlige Klarheit darüber, warum man Ihm folgt. Es ist nie Jesu Art gewesen, Menschen durch Zwang an sich zu binden. Er stellt die Seinen, für die Er sich einmal entschieden hat, die dann ihrerseits einmal vor Ihm kapituliert und sich so für Ihn entschieden haben, immer wieder in die Entscheidung: Willst du Mir weiter folgen? Nur Mir? Indem du alle anderen verlässt? - Welche Antwort gibst du Jesus heute auf diese Fragen? Über diesen Anspruch kann man sich ärgern und Jesus allein lassen, oder ihn froh akzeptieren und Jesus nachfolgen. Was tust du?

4. Das eindeutige Bekenntnis

Herr, zu wem sollen wir denn gehen? antwortete Simon Petrus. Nur deine Worte bringen ewiges Leben. Wir glauben und haben erkannt, dass Du Christus, der Sohn Gottes, bist.“ (Johannes 6,68-69)

Petrus antwortete mit einer Gegenfrage: „Herr, zu wem sollten wir gehen?“ Es war für die Jünger undenkbar geworden, ohne Jesus zu leben. Sie wussten: Jeder hat einen Meister, dem er folgt. Petrus kannte keinen besseren als Jesus. Ohne Ihn ist das Leben nicht zu meistern! - Weißt du das auch schon? Hast du daraus bereits die Konsequenzen gezogen?

Weshalb war Jesus für die Jünger so einzigartig? Er hat Worte ewigen Lebens, d.h. wenn man auf Jesus hört, hört man Gott selbst. Man hört nicht Gottes Stimme, wenn man „auf sein Herz hört“, oder „auf seinen Bauch“, - das sind alles Impulse, die auch bei einem wiedergeborenen Menschen nur aus seinem natürlichen Mensch-sein kommen. Nur von Gottes Wort wird man in seinem Gewissen getroffen und überwunden, man wird tief in seiner Seele getröstet und erfährt den Frieden Gottes. Man weiß sich durchschaut und dennoch verstanden, erkannt und dennoch angenommen, verurteilt und dennoch freigesprochen, ertappt und dennoch geliebt! - Kennst du diese Erfahrungen?

Mit Jesus kannst du dein Leben noch einmal beginnen, unter Seiner Regie, unter Seinem Schutz, nach Seinem Plan. Dazu waren die Jünger zuerst einmal bereit, dann hatten sie geglaubt, dann erlebt und erkannt: Er ist der Heilige Gottes! - Beachten wir: Die große Stunde, in der die Jünger Jesus als den Gesandten Gottes bekennen, ist eine Stunde der Anfechtung und des Misserfolgs gewesen. In den dunklen, schweren Stunden unseres Lebens werden die entscheidenden Weichen unserer Nachfolge gestellt. - Kannst du dies auch schon bezeugen?

Jesus überlässt uns keinen Täuschungen. Er ist die Wahrheit. Er besteht darauf, dass wir die Wahrheit erkennen und so „ent - täuscht“ Er uns. Jesus hat stets DIE Menschen am meisten enttäuscht, die Ihm am nächsten standen, weil ihnen nur so entscheidend weiter geholfen werden konnte.

Kein Wunder, dass viele Menschen mit Jesus nichts anfangen können und wollen. Der Unterschied zwischen Christen und anderen Menschen besteht nicht in ihrer religiösen Veranlagung. Die ist bei allen gleich: Jeder Mensch erhofft sich von einem Heiland Gerechtigkeit, Heilung, Glück und Wohlergehen, die Lösung aller Probleme. Und deshalb kommt auch kein Mensch unberührt an Jesus vorbei. Der Unterschied besteht darin, dass Christen bei Jesus bleiben, obwohl Er die meisten menschlichen Erwartungen (noch) nicht erfüllt. Christsein bedeutet nicht, eigene Lebenswünsche unter der Mitarbeit Jesu zu verwirklichen. Im Gegenteil: Christsein heißt, dass Jesus mich an der Verwirklichung SEINES Reiches mitarbeiten lässt - nur so wächst aus Enttäuschung Erfüllung.

Ein echtes Glaubensbekenntnis ist kein leer laufendes „Herr-Herr-sagen“, sondern ein bestimmtes JA zur Nachfolge Jesu unter Seinem Wort in Seiner Gemeinde.

Manfred Herold


Manfred Herold