Freundlichkeit, ein Schlüssel zu Menschenherzen

Hast du das auch schon erlebt? Du stehst in der Schlange vor einer Kasse im Supermarkt. Es dauert und dauert. Auf einmal hast du einen Blickkontakt zu einem dir völlig unbekannten Menschen in der Nachbarschlange, du lächelst - und er, der eben noch ein ganz gleichgültig trauriges Gesicht machte, lächelt zurück. Es ist als ob ein Sonnenstrahl durch dunkle Wolken fällt. Plötzlich geht es weiter, du musst zusammenpacken und zahlen, hast den anderen bereits ganz aus dem Blick verloren, aber beim Beladen des Autos kommt er mit seinem Einkaufswagen wieder an dir vorbei - und ihr lächelt euch beide wieder an. Verschwörer eines kleinen Geheimnisses.

Erinnere dich, eine Frucht des Heiligen Geistes in Galater 5,22 ist die „Freundlichkeit“. Der Heilige Geist hat also ein Interesse daran, dass Christen freundliche Menschen sind. Ich schlage nach und finde heraus, dass das verwendete griechische Wort den Gedanken beinhaltet, dass Freundlichkeit „weich macht, was hart und streng“ ist. Ein treffendes, schönes Bild.

„Darüber solltest du predigen!“ Dachte ich. Doch schon im nächsten Augenblick überfallen mich Zweifel. Du kannst doch nicht über ein Thema predigen, das du selbst noch so wenig beherrschst, wie Freundlichkeit. Das wäre doch pure Heuchelei! - Nein, es ist dann keine Heuchelei, wenn ich klar bekenne, dass ich hier eben nicht meine Erfahrungen, sondern eine Eigenschaft Gottes verkündige.

„Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn traut!“ (Psalm 34,9) Ich predige heute also über das Thema „Freundlichkeit“, weil Gott freundlich ist, weil er geboten hat: „Seid gegeneinander freundlich!“ (Epheser4,32) und weil er seine Kinder zu freundlichen Menschen machen kann und will.

1. Freundlichkeit als Zeichen tiefen Gottvertrauens

Ich vertraue Gott, deshalb bin ich freundlich.

Christen lernen es (hoffentlich), ihre persönliche Lebenssituation stets in Beziehung zu dem allmächtigen Herrn Jesus Christus zu setzen. Er, dem sie ihr Leben in der Taufe übereignet haben („auf sein Konto gutgeschrieben haben“) achtet auf sie, beschützt sie, vergibt ihnen, reinigt sie, lässt sie nicht los, weil Er DER große Menschenfreund ist.

„Als aber die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes unseres Retters erschien, errettete Er uns...“ (Titus 3,4-5) Jesus Christus ist die personifizierte Freundlichkeit Gottes. Zu Ihm zu gehören hilft mir, mein Leben gelassen zu führen und deshalb meinen Mitmenschen freundlich zu begegnen.

Solch eine echte, von Herzen kommende Freundlichkeit hat eine höchst wichtige Vorbereitungsfunktion. Sie vermag harte Menschenherzen weich und für den Samen des Wortes Gottes aufnahmefähig zu machen. Wenn du Freunden, Nachbarn, Kollegen freundlich begegnest, werden sie gern mit dir zusammen sein wollen, werden über kurz oder lang wissen wollen, was hinter deiner Freundlichkeit steckt. Das bietet dir dann gute Möglichkeiten das Evangelium von Jesus Christus weiter zusagen.

Wenn aus deiner Jesusbeziehung jedoch keine Freundlichkeit erwächst, dann wirst du wahrscheinlich wenig Frucht für deinen Herrn bringen und du solltest dich fragen, ob dein Glaube vielleicht nur ein „gedachter Glaube“ ist. Freundlichkeit ist ein starkes Jesuszeugnis ohne Worte, das sogar Taube hören und Blinde sehen können.

Ich glaube: Gott kann, was ich nicht kann!

„Die Frucht des Geistes aber ist: ... Freundlichkeit...“ (Galater 5,22) Bertolt Brecht sagte: „Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit, konnten selber nicht freundlich sein.“ Ein Wort, das von Selbsterkenntnis zeugt und ein bedauerliches Defizit zugibt. Christen kennen diese Situation auch, müssen jedoch nicht davor kapitulieren, denn sie glauben: Gott ist größer als mein unfreundliches Wesen! Er ist nicht nur menschenfreundlich, Er macht sogar menschenfreundlich. Er wohnt durch Seinen Heiligen Geist in jedem Glaubenden, um Seine Eigenschaften in jedem Christen hervorzubringen. Das dürfen Christen erwarten und sich darauf einstellen.

Erwarte doch in der nächsten brenzligen Situation, dass der Heilige Geist dir nicht nur Ruhe und Gelassenheit, sondern sogar die Freundlichkeit schenkt, die du nicht hast, die Er dir aber sehr wohl schenken kann und will.

2. Freundlichkeit als Zeichen wahrer Nächstenliebe

Ich bin für den Nächsten da.

„In herzlicher Liebe sollt ihr miteinander verbunden sein, und gegenseitige Achtung soll euer Zusammenleben bestimmen.“ (Römer 12,10) Christen wissen: Jesus sorgt für mich! Deshalb kann ich für meinen Nächsten da sein! Was bedeutet das konkret? Soll ich mich in seine Angelegenheiten einmischen? Soll ich ihn bevormunden? Gewiss nicht. Der erste Schritt, den ich zu gehen vorschlage, mag uns vielleicht erstaunen.

Den ersten Schritt in Richtung Freundlichkeit können wir tun, indem wir der Höflichkeit wieder mehr Geltung unter uns verschaffen. Höflichkeit sollten junge Christen lernen und alte Christen vorleben. Arthur Schopenhauer sagte einmal: „Höflichkeit ist wie ein Luftkissen. Es mag wohl nichts drin sein, aber es mildert die Stöße des Lebens.“ Höflichkeit und Freundlichkeit machen ernst mit der Gott geschenkten Menschenwürde. Jedem Wesen, das Menschenantlitz trägt, sind wir zumindest Höflichkeit schuldig.

Wie wollen wir einander lieben, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, einander höflich und freundlich zu begegnen?

Meine Freundlichkeit ist ihm ein Zeichen der Liebe Gottes.

„Meine Freunde, wenn uns Gott so sehr liebt, dann müssen auch wir einander lieben.“ (1. Johannes 4,11) Durch meine Freundlichkeit will Gott meinem Nächsten Seine Freundlichkeit zeigen. Durch deine Freundlichkeit soll dein Nächster Vertrauen fassen, zunächst zu dir, dann zu Jesus Christus, der dich trägt. Zu oft versuchen wir die Menschen mit der Liebe Gottes zuzuschwätzen, ohne uns auch nur ansatzweise um die selbst-verständlichsten Formen der Höflichkeit und Freundlichkeit zu bemühen. - Jeder prüfe sich selbst!

Höflichkeit und Freundlichkeit haben mit unserem Sein zu tun und geben von dem Ausdruck, was uns im Innersten bewegt. Worte, auch fromme Worte, sind oft billig und schnell zu haben. Der Heilige Geist aber will an Seiner Frucht, d.h. also auch an unserer Freundlichkeit erkannt werden. - Freundlichkeit wird uns nämlich nicht für uns selbst, sondern stets für den Anderen geschenkt. Und jeder hat reichlich Gelegenheit sie seinen Mitmenschen weiter zu schenken.

3. Freundlichkeit als Zeichen echter Selbstverleugnung

Ich kann freundlich sein, weil ich mich und meine Lage nicht zu ernst nehme.

„Freut euch, dass ihr zu Jesus Christus gehört. Und noch einmal will ich es sagen: Freut euch! Jeder soll eure Freundlichkeit erfahren. Denn: Der Herr kommt bald! Macht euch keine Sorgen! Ihr dürft Gott um alles bitten. Sagt Ihm, was euch fehlt, und dankt Ihm!“ (Philipper 4,4-6) Wir können uns freuen, weil wir zu Jesus gehören. Für unsere Zukunft sollen wir Jesus vertrauen, Er kommt bald. Unsere Außenbeziehungen aber sollen von Freundlichkeit geprägt sein. Alle Menschen mit denen wir zusammenkommen, sollen unsere Freundlichkeit erfahren und auf diesem Wege Anteil an unser Freude bekommen. Paulus ruft uns hier zu einer Offensive der Freundlichkeit auf. - Willst du dich da nicht auch einreihen?

Christen sind zu echter Freundlichkeit fähig, weil sie sich selbst, ihre Lage, ihre Sorgen und Ängste nicht mehr so schwer nehmen, da sie Jesus dafür verantwortlich halten. Christen können freundlich sein, weil sie nicht in sich selbst verliebt sind und Jesus in ihnen freundlich zu anderen Menschen ist. Christen haben durch ihr Vertrauen zu Jesus den Kopf frei, ehrlich, wahrhaftig, freundlich für andere da zu sein. - Willst du mithelfen, dass unser Gemeindeleben eine Offensive der Freundlichkeit des menschenfreundlichen Gottes wird?

Ich kann freundlich sein, weil ich Mitarbeiter der Freude Gottes bin.

„Nicht dass wir über euren Glauben herrschen, sondern wir sind Mitarbeiter an eurer Freude.“ (2. Korinther 1,24) Wir sind Mitarbeiter des menschenfreundlichen Gottes. Deshalb sind wir Mitarbeiter, die anderen zu wahrer, bleibender Freude verhelfen. Nicht nur zu ein bisschen Spaß! Denken wir daran! Wenn wir die Menschen zu Jesus einladen, tun wir das, weil wir nichts weniger als bleibende, ewige Freude für sie im Auge haben. Deshalb entschuldigen wir uns weder dafür, noch können wir den Menschen in einer gleichgültigen, kalten oder grimmig entschlossenen Art und Weise begegnen, ohne unsere Freudenbotschaft zu verraten.

Freundlichkeit ist eine Münze, die nur den bereichert, der sie ausgibt. Ein freundliches Wort kostet nichts und ist doch ein immer ein schönes und willkommenes Geschenk. - Von heute an wollen wir freundliche Menschen und Botschafter des großen Menschenfreundes Jesus Christus werden. Er verdient es und unsere Mitmenschen auch.

Manfred Herold



Manfred Herold