Von Bitterkeit zur Vergebung

Eine ganz große Gefahr für einen Pastor, der schon einige Jahre im Dienst steht, ist die Verbitterung. Es gibt so viele Möglichkeiten für Missverständnisse, so viele Verletzungen werden erlitten, so viele Lasten gilt es zu tragen. Da ist die Gefahr groß, bitter, zynisch, hart zu werden. Dabei macht man sich als Betroffener gar nicht bewusst, dass Bitterkeit einen segensreichen Dienst unmöglich macht.

Viele Pastoren beurteilen sich selbst wohl nach ihren Idealen, Gott und ihre Mitmenschen jedoch nach ihren Taten.

Obwohl wir Tag für Tag ausschließlich alles der Vergebung Gottes verdanken, ist es für mich erstaunlich zu sehen, wie viele Christen über Jahre voller Bitterkeit, Groll, Angst, ja Hass gegenüber anderen Menschen sind und nichts dagegen tun.

Wir wollen dem, was Vergebung bedeutet, etwas intensiver nachspüren. Vergebung ist mit der Elektrizität zu vergleichen. Sie hat bisher allen wissenschaftlichen Versuchen, ihr eigentliches Wesen zu definieren, getrotzt; dennoch sind wir in der Lage, aus unserem Teilwissen allerlei Nutzen zu ziehen. Genau so bleibt Vergebung letzten Endes ein Geheimnis. Dennoch wissen wir genug, um in den Genuss vieler ihrer guten Wirkungen zu kommen.

Bitterkeit, Groll und Angst nageln unsere Füße gewissermaßen an den Boden, so dass wir an einem bestimmten Punkt in unserem Leben einfach nicht weiterkommen. Vergebung reißt die Nägel heraus - wir können dann nicht nur gehen, sondern auch rennen und tanzen.

Es gilt, keine Zeit zu verschwenden: JETZT kannst du, indem du anderen vergibst, die Schmerzen der Vergangenheit daran hindern, die Freuden der Gegenwart zu verzerren und die Verheißungen Gottes für die Zukunft zu verdunkeln.

1. Was ist Bitterkeit?

In Hebr.12,12-15 wird uns u.a. geboten, der Heiligung nachzujagen, ohne welche niemand den Herrn schauen wird. Im Zusammenhang damit wird uns gesagt, dass wir, soviel an uns ist (Röm.12,18), mit jedermann Frieden halten und darauf achten sollen, dass keine Wurzel der Bitterkeit aufwächst.

Viele Leser dieses Abschnittes fragen sich, hängt unsere Erlösung letzten Endes zu einem gewissen Teil vom Erreichen eines bestimmten Grades persönlicher Heiligung ab? Die Schrift spricht von HEILIGKEIT, die wir vor Gott in Christus haben (Stand), und von einer HEILIGUNG, der wir nachjagen sollen (Zustand). Beides ergänzt sich, denn unsere Erlösung ist eine Erlösung zur Heiligung. (1.Kor.1,30)

Der Heilige Geist kommt bei der Wiedergeburt in unser Leben, um uns zu heiligen. Wahre Erlösung bringt den Wunsch hervor, heilig gemacht zu werden. Eph.4,31-32

Unfrieden und Bitterkeit behindern ein Wachsen in der Heiligung, erschweren also das Erreichen des Zieles Gottes für unser Leben. Gott verlangt kein vollkommenes, sündloses Leben für die Gemeinschaft mit ihm selbst, aber er verlangt, dass wir es ernst meinen mit der Heiligung, dass wir bekümmert sind über unsere Sünde, anstatt sie zu rechtfertigen.

  • Was will uns wohl das Bild der „Wurzel“ sagen? Warum „Wurzel der Bitterkeit“? Bitterkeit existiert meist im Verborgenen; ist kraftvoll wirksam; spendet Leben (nur welches!?); verschwindet nicht von allein; treibt Früchte (Welche? - Frucht des Heiligen Geistes?); hat ein zähes Leben

  • Wie und wodurch kommt es zur „Bitterkeit“?

    Nach erlittenem Unrecht; durch Enttäuschungen; durch Unversöhnlichkeit; Mangel an Vergebungsbereitschaft; Beziehungen werden vergiftet; Menschen verbittern. Bitterkeit ist in der Regel auf eine krankhafte Beachtung des eigenen ICH zurückzuführen.

2. Der Präzedenzfall der Bitterkeit

Zum ersten Mal finden wir die Bitterkeit bei Kain. Es ist der Musterfall und führt uns auch sofort die katastrophalen Auswirkungen derselben vor Augen. Gen.4,3-7

Manchmal befindet sich unerkannte Sünde in unserem Leben. Sie zerstört unser geistliches Leben. Weil Gott uns liebt, kann er das nicht dulden. Der Heilige Geist will uns auf sie hinweisen; er mahnt uns, sie zu bekennen und abzulegen.

Gottes Hinweis auf die Sünde Kains finden wir in V.7 angedeutet: „Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du den Kopf frei erheben....“

Wenn wir auf das zarte Mahnen Gottes nicht eingehen, spricht Gott, weil er uns liebt, deutlicher zu uns. Er spricht durch Enttäuschungen zu uns (Ablehnung von Kains Opfer); durch Niederlagen (Jos.7), durch Zurechtweisung (Nathan 2.Sam.2,12), durch Ablehnung (Saul 1.Sam.15,23), durch Entmutigung, Traurigkeit, Unglück, Krankheit und Tod (1.Kor.11,30).

Dazu gebraucht Gott, und das ist oft besonders schwer für uns anzunehmen, alltägliche Umstände und andere Menschen in ihrer ganzen Unvollkommenheit. (Von Gott direkt oder „wahren“ Heiligen würden die Zurechtweisungen ja annehmen. Aber...?)

Hier sind wir nun, ohne dass viele Christen das wissen, am ENTSCHEIDENDEN PUNKT angekommen. Jetzt werden die Weichen für unsere weitere Entwicklung gestellt: WIE REAGIEREN WIR?

Ich kann entweder bitter und böse auf die Menschen und ihr Verhalten reagieren (Kain auf Abel) und so das Reden Gottes ablehnen. Ich kann vor bestimmten Situationen kapitulieren, Zurechtweisungen ablehnen, mich aus Enttäuschung zurückziehen, die Mitarbeit oder gar die Gemeinde aufgeben....

Die Folgen sind: Trotz, mein Sinn verhärtet sich, ich bleibe unter dem zerstörerischen Einfluss der Sünde - TOD. Kain entschied sich für die Bitterkeit, d.h. er lehnte das Reden Gottes ab. Er ließ die vor seiner Herzenstür lauernde Sünde ein. Folge - Tod.

Oder ich kann in all diesen Ereignissen Gottes Reden erkennen und annehmen, denn ich weiß: ER will mich zurechtbringen. Dann werde ich meine Sünde erkennen und bekennen. Die Sünde wird so nicht herrschen können. (Röm.6,14 „Die Sünde hat ihre Macht über euch verloren. Denn ihr seid nicht länger an das Gesetz gebunden, sondern ihr lebt von der Barmherzigkeit Gottes.“) Die Folgen sind: Die Demut wächst, die Herrschaft des Geistes breitet sich aus, vermehrtes Leben in tieferer Gemeinschaft mit Jesus wird erlebt.

VERGEBUNG zu erbitten, anzunehmen, zu gewähren ist die Voraussetzung für eine fruchtbare Gemeinschaft mit Gott und Menschen. Eph.4,32

Die Wurzel der Bitterkeit muss herausgerissen, oder in mühsamer Kleinarbeit der Seelsorge ausgegraben werden. Viele Christen tragen oft jahrelang Bitterkeit mit sich herum, vergiften sich und andere (Eltern - Kinder). Dann muss die Stelle, wo sie gewachsen ist und wieder wachsen will so präpariert werden, dass sie nicht wieder wachsen kann.

3. Warum sollen wir vergeben?

Matthäus 18,21-35 lesen - Petrus fragte Jesus: „Wie oft muss ich vergeben? - Siebenmal?“ - Die Rabbis lehrten damals, dass man 3x vergeben solle und Petrus kam sich bestimmt richtig großzügig vor. Er hatte ja schließlich schon etwas in der Schule Jesu gelernt.

Doch statt des erwarteten Lobes sagte Jesus ihm, dass seine Jünger 70x7 mal vergeben sollten, d.h. dass es nach Jesu Meinung gar keine berechenbare Grenze der Vergebungsbereitschaft gebe. - Warum das so ist, erklärte er in dem folgenden Gleichnis.

Die Knechte waren wahrscheinlich hohe Beamte, doch in ihrer Beziehung zu ihrem Herrn waren sie alle Sklaven, Abhängige, ohne eigene Rechte. Ihr Chef verlangte eine genaue Abrechnung (Steuern, Zölle, Bankgeschäfte) von ihnen.

Beachten wir: Unser Herr nimmt es genau! Wir meinen häufig, wegen der Vielzahl von Sünden, deren wir uns schuldig machen, käme es nicht mehr so genau darauf an, verlöre er vielleicht doch die Übersicht und zeige sich gezwungenermaßen großzügig. Aber dem ist nicht so! Wir werden sogar über alle unbewussten Fehler einmal Rechenschaft geben müssen, z.B. über jedes „unnütze Wort“ (Mt.12,36), - ob uns das gefällt, ob wir das wahrhaben wollen, oder nicht!

Ein Verwalter wird vorgeführt. Er schuldet seinem Herrn die Riesensumme von etwa 100 Mill. DM. Der König im Gleichnis stellt sich zunächst auf den Rechtsstandpunkt und gibt Befehl, den zahlungsunfähigen Diener samt Frau und Kindern und Habe zu verkaufen. Schon im Gesetz Mose (2.Mo.22,2) ist der Verkauf des Schuldners als Sklave vorgesehen. Der Schuldner sieht nur noch eine Chance: Gnade!

„Herr, habe Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen.“ Die Erwiderung hätte der König als zu oberflächlich zurückweisen können. „Dein Gerede zeigt nur, dass du überhaupt keine Vorstellung hast, wie viel du mir schuldest! Dein Leben ist überhaupt nicht lang genug, um die Schuld auch nur annähernd abzutragen.“ - Aber der Herr übergeht diesen Mangel an Sündenerkenntnis und gewährt ihm was er braucht, nicht, was er erbittet! So ist unser Gott!

Bezeichnend ist, was gleich danach geschah: „Kaum war der Mann frei, ging er zu einem Mitarbeiter, der ihm einen kleinen Betrag schuldete, packte ihn und schrie: 'Bezahle jetzt endlich deine Schulden!“ (Hfa) Dieser Mitarbeiter schuldete ihm 100 Denare, das war ein Millionstel seiner eigenen Schuldsumme. Er hörte dieselben Worte, die er selbst gerade ausgesprochen hatte. Das hätte ihm auffallen müssen. Sein Schuldner gibt ein viel leichter zu erfüllendes Versprechen ab. Aber er besteht auf seinem Recht.

Die Mitknechte sind sehr bestürzt und melden diesen Vorgang dem König. Diese Tatsache wird nicht kommentiert oder bewertet. Der König erfährt es und handelt nun auch nach Recht: V.32-35

  • Welche Schulden werden hier in Beziehung zueinander gesetzt? = Unsere Schuld Gott gegenüber, mit der Schuld anderer uns gegenüber.

  • Welche Folgerung sollen wir aus empfangener Vergebung ziehen? = Wir rechnen: Wie du mir, so ich dir! Aber unsere Überlegung müsste lauten:

Wie der Herr mir, so ich dir!

Vergeben ist eine Frage des Willens. Der Knecht wollte die Schuld dem Mitknecht nicht erlassen. Obwohl seine Seele gerade eine große Entlastung erfahren hatte, wollte er anderen kein Entgegenkommen bieten. Er verkörpert Unbarmherzigkeit und Ungeduld.

Es wäre auch ein Missverständnis, wenn gesagt würde: „Der Herr hat mir vergeben, also vergesse ich alles was war!“ Die SCHULD, die mir erlassen wurde, darf und soll ich vergessen, DASS mir GNADE zuteil wurde, darf ich niemals vergessen!

Der Gegensatz zwischen den Schuldbeträgen ist verblüffend und soll zeigen, dass nichts, was Menschen uns zufügen, sich auch nur annähernd mit dem vergleichen lässt, was wir Gott zufügen.

Unsere Reaktionen auf die Verfehlungen anderer, stehen in enger Beziehung zur Beurteilung unserer eigenen Sünden. Empfangene Gnade verpflichtet!

„Ich vergebe nie!“, sagte General James Ogelthorpe zu John Wesley. „Dann hoffe ich, mein Herr, dass sie nie sündigen“, erwiderte Wesley. - Nur wenn du selbst der Vergebung nicht bedarfst, kannst du es wagen, mit der Vergebung einem anderen gegenüber zu zögern.

Der tiefste Grund, weshalb Vergebung nicht mehr verweigert werden darf ist der, dass Jesus Christus alle Schuld hinweg getragen hat und Vergebung aller Schuld eine nicht mehr rückgängig zu machende Tatsache ist.

  • Immer zu vergeben, kann man das überhaupt? Kommt man da nicht unter die Räder? Wer schützt uns vor Missbrauch? = Gott selbst, wie das Gleichnis zeigt.

  • Ist der König nicht ungerecht, dass er erst vergibt, um dann doch noch einmal die alte Rechnung aufzumachen? = es gibt keinen Rechtsanspruch auf die Gnade, deshalb kann sie auch verwirkt werden.

Das Gleichnis zeigt, dass wir stets die innere Konsequenz des Gnaden und Rechtsweges beachten müssen. Wir können nicht für uns den Gnadenweg beanspruchen und mit anderen von Rechts wegen umgehen. Die erhaltene Gnade kann durch Unbarmherzigkeit, Ungeduld, Hartherzigkeit, Selbstgerechtigkeit... verscherzt werden. Insofern spielt unser Tun im Gericht tatsächlich ein wichtige Rolle.

Gute Werke können uns nicht retten, aber festgehaltene böse Werke können uns um die Rettung bringen.

Zusammenfassend:

  1. Jesus offenbart uns Gott als unbegrenzt barmherzig und vergebungsbereit.

  2. Empfangene Gnade verpflichtet! Vergebung will der Mensch zwar grenzenlos für sich haben, aber nur begrenzt an andere weitergeben.

  3. Jesus verbindet den Empfang der Vergebung und die Weitergabe der Vergebung untrennbar miteinander.

  4. Die Kraft zur Vergebung kommt nur durchs Gebet. (siehe Bitte im Vaterunser)

  5. Wer nicht an Gottes Barmherzigkeit barmherzig wird und durch Gottes Vergebung vergeben lernt, hat die Gnade Gottes verscherzt. Und verscherzte Gnade ist Gericht. Gottes Gnade verwandelt sich in Gottes Zorn. Wie ernst, wie ernst ist Jesu Wort vom Vergeben untereinander!

Es ist die umgekehrte Formulierung der Vaterunser-Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Diesmal lautet die Formulierung: Du hast uns unsere Schuld vergeben, so wollen wir auch denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind.

4. Was macht Vergebung so schwer?

  • Was kann ich tun, wenn jemand an mir schuldig wird? = gleiches mit gleichem vergelten; ignorieren; großzügig darüber hinweggehen. - Ist das schon Vergebung? = Nein; echte Vergebung liegt dann vor, wenn zumindest auf einer Seite die Einsicht vorhanden ist, dass Sünde vorliegt.

  • Was macht jede Vergebung denn eigentlich so schwer? = Alle Vergebung, sowohl die von Gottes Seite, als auch die von unserer Seite verlangt Stellvertretung. Deshalb ist sie so kostspielig und schwer. (Wichtige Einsicht! - 1.Petr.2,18-25 lesen)

4.1. Vergebung verlangt Stellvertretung

Wer vergibt, zahlt den Preis der Schuld selbst. Wenn der Staat einen Verbrecher begnadigt, trägt das Volk die Last seines Verbrechens. Wenn ich bei einem Besuch deine wertvolle Bodenvase zerbreche und du mir vergibst, hast du den Schaden und ich gehe frei aus. Wenn du mir etwas Schlechtes nachsagst und ich vergebe dir, musst ich mich mit den Folgen deiner Sünde herumschlagen und du gehst frei aus. Vergebung verlangt Stellvertretung. (auswendig!)

Diese Stellvertretung fand in Jesus Christus vollkommenen Ausdruck. Er nahm unsere Stelle ein, indem er seinen Zorn über unsere Sünde selbst trug. Das ist der Preis der Vergebung! Gott konnte nicht einfach ein Auge zudrücken und unsere Sünden übersehen. Gott nahm unsere Sünde so ernst, dass er selbst nach Golgatha ging, um zu sterben. Das Kreuz zeigt uns, wie viel Gott die Vergebung kostete. 2.Kor.5,21

Wahre Vergebung ist deshalb so selten und so schwer, weil sie so kostspielig ist. Der Preis der Vergebung ist hoch, weil er Stellvertretung fordert.

Welch ein Vorrecht ist es für einen Christen, anderen vergeben zu dürfen. Hierin wird er in einer besonderen Weise Christus ähnlich und gibt die Liebe Gottes auf besonders eindrucksvolle Art und Weise weiter. 1.Jh. 3,2 Das hier gebrauchte Wort „gleich, ähnlich“ meint die Entsprechung oder Übereinstimmung in der Art oder Beschaffenheit.

Das Gegenteil von Vergebung gewähren, ist Gerechtigkeit zu fordern. Also: Entweder nimmt der Sünder seine Schuld auf sich - das ist Gerechtigkeit! Oder derjenige, gegen den gesündigt wurde übernimmt sie - das ist Vergebung. Kol.3,13; Eph.4,32

In der Vergebung nimmst du deinen Zorn über die Sünde deines Nächsten und die Verantwortung für den Schaden freiwillig auf dich.

4.2. Vergebung ist ein Geschenk zum Weiterschenken

  • Warum kann nur derjenige, der selbst Vergebung empfangen hat, vergeben? = Weil durch die Vergebung erst die Kraft der Liebe des Heiligen Geistes in sein Leben kommt, die ihn allein zum Vergeben fähig macht. Lk.7,47; Jh.20,22-23

Die Kraft des Heiligen Geistes wurde von Jesus besonders dazu gegeben, um einander vergeben zu können.

Wem vergeben wurde, der weiß auch: Gott hat den unermesslichen Preis meiner Vergebung bezahlt, da kann ich mich nicht weigern, den so viel geringeren Preis der Vergebung, dem Bruder oder dem Arbeitskollegen gegenüber zu zahlen.

Er kann Vergebung weiter schenken, weil er bewusst welche empfängt. Sie meint vielleicht: Meine Bitterkeit und mein Groll trennt mich nur von ihm! Aber das stimmt nicht. Sie trennen sie auch von Gott. Festgehaltene Bitterkeit behindert die Liebe Gottes, bis zu mir „vorzudringen“. Von dem Strom seiner Liebe, den Gott in dein Leben fließen lassen will („Bleibt in meiner Liebe!“ Jh.15,9), kommt nur ein schwaches Rinnsal an, von dem du auf Dauer nicht leben kannst.

Sünde behindert Gott, sich in uns auszuwirken, deshalb ist wenig Segen, Liebe, Vergebung, Kraft in seinem Leben zu finden, deshalb kann er wenig davon weitergeben. Sie empfängt reichlich und kann deshalb auch reichlich weitergeben.

4.3. Vergebung verleugnet das eigene Ich

  • Warum spielt die Verleugnung des Ichs bei der Vergebung eine so wichtige Rolle? = Weil unser Ich auf seinen Rechten besteht; weil es Rache und nicht Vergebung will, deshalb muss es verleugnet werden!

Meine Vergebungsbereitschaft darf nicht abhängig sein von der Reaktion dessen, der sich an mir vergangen hat. Das spielt besonders dann eine Rolle, wenn wir Sünden vergeben sollen, die der/die andere noch gar nicht als solche eingesehen hat. Dem reuig zu uns kommenden Sünder sind wir ja (manchmal) gern bereit zu vergeben. Auch ob der andere meine Vergebung annimmt oder nicht, darf nichts an meiner Haltung ändern.

Anderenfalls wären das bereits Konzessionen an mein ICH. („Ich entscheide, wem vergeben wird und wem nicht!“) Da jedoch der Ursprung aller Vergebungsbereitschaft in Gott liegt, ist und bleibt sie ein freies Geschenk. Mein ICH ist nicht berechtigt, hier andere als Gottes eigene Bedingungen einzuführen.

Es heißt also nicht: Ich will, wenn du willst! - Sondern: Ich will, weil Gott es will!

Als Jesus seine Jünger damals aufforderte, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm so zu folgen, war ihnen viel klarer als uns heute, worum es ging und was das für Konsequenzen hatte. Damals war einer, der sein Kreuz trug, vollkommen rechtlos. Jeder durfte ihn schlagen, anspucken, beleidigen. Die Soldaten, die den Verurteilten begleiteten, hatten nur dafür zu sorgen, dass der Betreffende noch lebend die Hinrichtungsstätte erreichte. Was ihm unterwegs alles angetan wurde, brauchte sie nicht zu kümmern, solange er dabei am Leben blieb.

Das Kreuz nimmt sich jener falschen Eigenständigkeit an, die bei vielen Menschen so ausgeprägt ist. Wenn jemand Christ wird, dann sollte das eigentlich das Ende seiner Unabhängigkeit sein, denn sie ist, zusammen mit allem, was zu seiner sündigen Natur gehört, mit Christus am Kreuz gestorben.

Nur der durch seinen Heiligen Geist in uns wohnende Christus ist in der Lage, echte Selbstverleugnung in uns zu wirken. Aber er tut es! Und wahre Vergebung wird nur dann geschehen, wenn unser ICH nicht mehr seine Einsprüche erhebt. Denn unser ICH besteht immer auf seinen Rechten; es will stets Rache, nicht Vergebung. Unser ICH wird kein bisschen frommer. Es steht wahrer Vergebung immer im Wege. Es weigert sich immer, zu vergeben! Es ist immer dein ICH, das Vergebung bei dir verhindert! Nie ist es das, was der/die andere dir angetan hat! Täuschen wir uns nicht!

Verleugnung des Ich´s ist eine Grundvoraussetzung bei aller Vergebung, weil unsere stolze Ichverhaftetheit sie sonst verhindert. Weitergegebene Vergebung macht mehr Platz für Jesus in unserem Leben.

5. Vergeben kann man lernen!

Viele Christen wissen, dass sie anderen vergeben sollten, aber sie schaffen es irgendwie nicht. - Oder sie haben es getan, aber die Angelegenheit verfolgt sie immer noch weiter.

Wie kann man es lernen, von Herzen zu vergeben? Was gehört dazu, dass es wirklich gelingt? Womit fängt man an? Wie fängt man an?

5.1. Vergeben kann nur derjenige, der Gottes Vergebung erfahren hat.

Wenn du kein persönliches Bewusstsein von Vergebung deiner eigenen Sünde hast, kannst du nicht vergeben. Eph.4,32; Kol.3,13

5.2. Vergebung beginnt mit dem Verstehen des Anderen.

Jede Tat hat ihren Beweggrund. Lerne die Beweggründe des Menschen, mit dem du es zu tun hast, kennen. Frage dich, warum er/sie geworden ist, wie er/sie ist. Vergebung kann es nur geben, wenn wir die Distanz überwinden, die zwischen uns und dem/der anderen Person besteht. Frage dich immer „Warum?“, das ist der erste Schritt zur Barmherzigkeit.

Jeder echten Vergebung liegt Verständnis zugrunde! So ist es auch bei Gott: Hebr.4,15; Offb.2,13

Wir benötigen dieses Verständnis, damit wir unterscheiden können zwischen dem, was der Sünder tat und dem, was er/sie ist. Ja, er/sie hat Schuld auf sich geladen, aber er/sie ist mehr als diese Schuld.

Ein einfaches Beispiel dafür, wie nötig es ist, sich um gegenseitiges Verständnis zu bemühen: Wenn 2 Personen miteinander sprechen, können ganz verschiedene Nachrichten ankommen:

    1. Was du sagen willst.

    2. Was du tatsächlich sagst.

    3. Was der andere hört.

    4. Was er darunter versteht.

    5. Was er sagt, dass du gesagt hast.

    6. Was du meinst, dass er gesagt hat..

Wie viele Missverständnisse können hier entstehen. Wie nötig ist es, sich um Verständnis zu bemühen. Auch das ist unserem ICH zuwider, das sollten wir verleugnen.

5.3. Vergebungsbereitschaft wächst, wenn wir den Anderen neu schätzen lernen.

Deine negativen Gefühle über einen anderen Menschen sind mit einer „dunklen Brille“ zu vergleichen, die dir den Blick trübt und dich beunruhigt.

Du siehst nicht mehr klar, was wirklich Sache ist, sondern überwiegend Fehler, Mängel und Versagen beim anderen. Es geschieht unversehens das Gegenteil von dem, wozu uns Phil.4,7-8 aufruft. Der „Friede Gottes“ will unser Denken bewachen und bewahren, damit die sorgenvollen, negativen, de­pressiven, unreinen, zerstörerischen Ideen, dazu gehören die Gedanken an Schuld bei uns und anderen, nicht unser Denken beherrschen und blockieren.

Da un­ser Verstand jedoch immer aktiv ist, müssen wir für positives, gutes, gottgefälliges „Gedankenmaterial“ sorgen. Der Herr will, dass sich unsere Ge­danken mit den richtigen Dingen, die uns und anderen helfen und uns voranbringen, beschäftigen.

Wir sollen nicht „sorgen“ V.6 (Abwehr des Niederdrückenden, Bösen, Schlimmen, was eintreten könnte), sondern allem nach­spüren, was „wahr, ehrbar, gerecht..“ ist (d.h. dem, was dem Herr gefällt). Nirgends in der Bibel gibt es eine Anweisung, über erkanntes Böses nachzu­sinnen! Viele Christen sind blind für Gottes Handeln, weil sie ständig das Fal­sche „bedenken“. Sie sind ständig mit den Fehlern anderer beschäftigt, mit den Mängeln, die sie festgestellt haben, mit dem Versagen, das sie erleb­ten und werden so für Gott unbrauchbar und für Menschen unge­nießbar.

Viele Christen können weder sich selbst, noch anderen vergeben, weil sie nicht aufhören, sich über eigene oder fremde Sünde Sorgen zu machen. (Wohin wird das noch führen? Haben andere Menschen meinen Fehler bemerkt? Was werden sie von mir denken? Ist Gott sauer auf mich? Wie kann ich das wieder gut machen?)

Wir haben uns um das richtige Denken, gerade gegenüber unseren Nächsten, die an uns schuldig geworden sind, zu bemühen, damit unsere Vergebungsbereitschaft wächst. So mag es der Fall sein, dass du, nachdem du deinem Nächsten vergeben hast, den Gedanken bekommst, mit ihm/ihr sprechen zu sollen. Das ist ein „wahrer Gedanke“, denn Jesus sagte in Mth.18,15.

5.4. Vergebung wird vollendet durch die Liebe zum Anderen.

Den Feind zu lieben heißt nicht, den Schlamm, in dem die Perle liegt, zu lieben, sondern die Perle zu lieben, die im Schlamm liegt.“

Wenn wir nicht davor zurückschrecken, uns angesichts eigener und/oder fremder Schuld zu unserer eigenen Liebesarmut zu bekennen, können wir unserem Nächsten anders begegnen, als wenn wir meinen, unsere Reaktion sei angemessen und in Ordnung. Wie wir dazu neigen, unsere eigene Armut zu ignorieren, neigen wir auch dazu, die Augen vor der Armut anderer zu verschließen und Bosheit oder andere bewusste Haltungen als Ursache ihres negativen Verhaltens anzunehmen.

Diese Liebe ist ein Gottesgeschenk (Röm.5,5; Tit.3,15), durch das du den wahren Wert eines jeden Menschen erkennen lernst. Diese Liebe macht dich barmherzig, verständnisvoll und vergebungsbereit. Erwarte nicht, dass du jeden verstehen und völlig begreifen wirst; wichtig ist nicht, alles zu verstehen, sondern in allem verständnisvoll zu sein. Jak.2,13

Lass die barmherzige Auffassung aller Dinge deine Lebensaufgabe sein.“ Wilhelm Löhe

Wenn du den Menschen, der dich verletzt hat, ansiehst, dann sieh doch auch die furchtbaren Fesseln, die ihn binden und sprich: „Meine Vergebung und Liebe sind seine einzige Verbindung mit Gott. Wie sollte ich sie ihm vorenthalten?“ Denken wir daran: Nicht das ist das Schlimmste, dass wir von irgend jemandem so schrecklich vernachlässigt wurden, sondern dass wir darauf so sauer und lieblos reagierten.

Das Tragische ist nicht, dass der andere an uns sündigt, sondern, dass wir auf seine Sünde so sündhaft antworten. Das, was wir in uns selber sind ist die Not unseres Lebens, nicht wie dieser oder jener sich zu uns stellt.

Wie es nichts gibt, was das Leben mehr hemmt als die Sünde, so gibt es auch nichts, was ihm mehr zur Entfaltung verhilft als die Vergebung. Die Liebe Gottes wird konkret in der Vergebung. Unsere Liebe wird konkret in der Vergebung.

5.5. Wann soll ich vergeben?

„Ich werde ihm vergeben, wenn er vor mir auf den Knien liegt. Vorher nicht!“ sagte eine Frau über ihren Mann. - Später, nachdem sie ihn gedemütigt hatte, bot sie ihm Vergebung an, aber er entgegnete: „Du kannst deine Vergebung behalten, ich habe meine Tat teuer bezahlt. Wer braucht denn noch Vergebung, wenn er bezahlt hat?“

Vergebung ist unverdientes Geschenk! Immer wieder! Sowohl wenn es darum geht, sie zu erhalten, als auch, wenn es darum geht, sie weiterzugeben. Wenn wir unsere Vergebung solange zurückhalten, bis der Schuldner sie VERDIENT hat, dann hat sie keinen Wert mehr. Dann handelt es sich nicht mehr um biblische Vergebung!

Wann soll ich vergeben? - * SOFORT! Beim ersten Gefühl der Verletzung. Ein Christ weiß, wie kostbar die Zeit ist und kann es sich nicht leisten, sie in unnützem Schmerz zu vergeuden. Er vergibt, bevor der Stachel im Fleisch anschwillt, bevor aus dem Floh ein Elefant wird. Er vergibt, weil Gott ihm vergeben hat, noch bevor der andere bittet. Lk.23,34; Eph.4,26-27+32

Vergebung in der Art Jesu geschieht nicht so, wie man eine Rechnung begleicht, sondern geschieht in der Haltung des Schenkens. Bei der Vergebung, wie Jesus sie meint, geht es also nicht darum, einen alten Zustand wiederherzustellen, sondern eine neue, bessere Beziehung entstehen zu lassen.

6. Wann geschieht Vergebung?

Wir müssen Gott unsere Sünden bekennen. Ohne das geschieht keine Vergebung. Spr.28,13; Ri.10,15; 2.Sam.12,13; Ps.32,5

Und häufiger, als wir meinen, sollten wir unsere Sünden auch vor Menschen bekennen! Das sagt uns Gottes Wort ebenfalls ganz klar: Lk.15,21; Jak.5,16

Alle Menschen haben das Bedürfnis, zumindest einer anderen Person ihre bedrückenden Geheimnisse mitzuteilen. Heute suchen die Menschen neue Ausdrucksmöglichkeiten z.B. in Talkshows und Leserbriefen. Sie sind voller Selbstbeschuldigungen und Schuldbekenntnissen. Hier geschieht so etwas wie Beichte, nur ohne Christus und deshalb ohne Vergebung und ohne Neuanfang.

Sollten wir Christen da nicht neue Akzente setzen und für uns selbst die Freude der Beichte wieder neu entdecken?!

6.1. Die Missverständnisse um die Beichte

In allen außerchristlichen Religionen kann der Mensch die Gottesgemeinschaft nur durch die Erfüllung bestimmter sittlicher Forderungen erlangen.

Dagegen ist das Umstürzende am Evangelium von Jesus Christus, dass er für alle Menschen aller Zeiten die Trennung von Gott durch sein eigenes Sterben und Auferstehen überwunden hat (1.Joh.2,2) und Versöhnung als Geschenk anbieten lässt (2.Kor.5,20). Dieses Geschenk muss jedoch angenommen werden, um persönliches Eigentum zu werden.

Welche Rolle spielt angesichts der Vergebungsbereitschaft Gottes, das persönliche Sündenbekenntnis? - Von der schriftgemäßen Beantwortung dieser Frage hängt sowohl für den Beginn, als auch für den Fortgang unseres Glaubenslebens viel ab.

Weder ist das Sündenbekenntnis zu Gottes Genugtuung nötig, noch DAMIT wir Vergebung empfangen können (unsere Leistung).

Richtig muss es meines Erachtens heißen: Wir bekennen unsere Sünden, WEIL Jesus alle Sünden bereits getilgt hat (Hebr.9,12+26). Die Sünde soll und kann aus unserem Leben verschwinden, DESHALB nennen wir sie Jesus gegenüber ganz konkret beim Namen und danken ihm für ihre Beseitigung (2.Kor.5,21).

Hier erkennen wir deutlich, dass die Beichte FÜR UNS von Nutzen ist und nicht für Gott. WIR erfahren durch das Sündenbekenntnis Entlastung, Lösung, Hilfe. Gott sagen wir ja ohnehin nichts Neues. Die Beichte bietet UNS die große Chance, von Sünden frei zu werden.

Deshalb ist die Beichte auch kein Gesetz, keine Last, keine Forderung, sondern eine wunderbare Einladung, Gottes Wohltaten, Freude und Frieden zu empfangen. Niemand MUSS seine Sünden bekennen, aber jeder, der, weil er Jesus liebt, die Sünde satt hat, kann sie bekennen und auf diese Weise gereinigt werden. Die Beichte ist ein Gnadenangebot Gottes, das uns hilft, in der Nachfolge weiterzukommen.

Dabei geht es nicht darum, in exhibitionistischer Weise seine Sünden in aller Öffentlichkeit auszubreiten; wohl aber darum, sich der Wahrheit zu stellen und sich vor Christus zu beugen, nicht nur im stillen Kämmerlein, wo es nichts kostet und kaum schmerzt, sondern vor einem Mitchristen, der selbst auch nur ein fehlbarer Mensch ist.

Im Vollzug der Beichte wird sowohl

  • die Sünde, als auch

  • die Erlösungstat Jesu, als auch

  • die Gemeinschaft der Gemeinde ernst genommen.

Denn je weniger sich einer vor anderen wegen einer Sünde zu schämen braucht, je leichter die Sünde von Mitchristen genommen wird, um so schwerer dringt ein Mensch in solch einer Gemeinde aus den Bindungen der Sünde zu einem neuen Leben der Freiheit durch; um so leichter fällt einer, der verzweifelt gegen die Sünde gekämpft hat, schlussendlich doch der Versuchung zum Opfer. Im übrigen sollten wir uns nicht schämen, unsere Sünden zu bekennen. Wir sollten uns schämen, sie begangen zu haben!

6.2. Die Möglichkeiten der Beichte

Da die zwingende Macht der Sünde in ihrer Verborgenheit liegt, scheut sie das Licht, d.h. das Bekenntnis. Deshalb wird die Macht der Sünde nur durch das Sündenbekenntnis, d.h. nur auf dem Weg des Nennens und Bekennens gebrochen. Eph 5,13-14

Wer Jesu Liebe erfährt und sie erwidert, der lernt die Sünde zu hassen und will mit ihr brechen. In einem solchen Fall ist es erfahrungsgemäß eine große Hilfe, die betreffende Sünde einem vertrauenswürdigen Mitchristen (jeder Christ darf Beichte hören!) zu sagen, und so den Bruch mit ihr vor Gott und einem Zeugen festzumachen. Auf diese Weise wird die Vergebung wirksam, Entlastung, Befreiung und neue Freude sind die Folge. Spr.28,13 Geht in deinem Leben in letzter Zeit vielleicht deshalb so viel daneben?

Eine andere Situation, in der die Beichte eine besondere Chance darstellt, ist die:

Du weißt wohl, dass dies oder jenes in deinem Leben Sünde ist. Du kannst, oder besser willst, sie aber nicht loslassen. Du suchst sie zu verdrängen, zu bagatellisieren, zu vergessen... nichts hilft. Du bist in einer schwierigen Lage, denn nun breitet sich die Sünde wie ein Krebsgeschwür immer weiter in deinem Leben aus und vergiftet alles. In dem Augenblick, in dem du es wagst, sie zu beichten, drehst du ihr die Luft ab, nimmst ihr die Lebensmöglichkeit und kannst damit beginnen, neues Denken und neue Gewohnheiten einzuüben. Ps.32,5

Alle Fehler, die ein Mensch hat, sind weniger verderblich als die Mittel, mit denen er sie zu verbergen sucht. Solange er Schuld verbirgt und verdrängt, kann sie nicht beseitigt werden, kann keine Wesensänderung geschehen.

Die Sünde will mit dem Menschen allein sein. Sie entzieht ihn der Gemeinschaft. Oft sind Christen trotz gemeinsamer Gottesdienste, gemeinsamen Gebets und gemeinsamer Dienste einsam, weil sie zwar als Gläubige, nicht aber als noch immer fehlbare Menschen Gemeinschaft haben. Manchmal führt eine unnüchterne Vorstellung von Christsein dazu, dass die fromme Gemeinschaft es keinem mehr erlaubt, Fehler zu machen. Darum muss dann jeder seine Sünde mühsam vor sich selbst und vor den anderen verbergen und vermehrte Einsamkeit, Isolation und Heuchelei sind die Folgen.

Im Gegensatz zur Annahme vieler zerstört nicht das Bekenntnis, sondern das Verheimlichen der Sünde die Gemeinschaft. In der Beichte geschieht der Durchbruch zur Gemeinschaft (1.Joh.1,7-9). Es gibt wohl keine tiefere, innigere Gemeinschaft und Freude als die, wenn man sich gegenseitig seine Sünden bekennt, sich als Sünder, der auf Gnade bei Gott und Menschen hofft, zu erkennen gibt und dann Vergebung erfährt. 2.Kor.7,1

Das Sündenbekenntnis vor dem Bruder, der Schwester ist ein wichtiger Akt der Selbstverleugnung und der Demütigung. Er verschafft dem Heiligen Geist mehr Raum in uns. Das Bekenntnis offenbart Schwachheit, Versagen, Erlösungsbedürftigkeit. Das bedeutet ein Stück Tod für den Hochmut, der Ursünde des Menschen. Jedes Bekenntnis vor einem Mitchristen gibt dem Selbstbehauptungswillen des alten Adam einen Todesstoß.

Deshalb ist das Sündenbekenntnis so schwer und so selten. Denn da gesteht man vor einem anderen Menschen, der ja nicht besser ist, sein Versagen ein. Solch eine Demütigung erweist und besiegelt, dass die Demütigung vor Gott echt ist. Sie ist wohl das Schmerzlichste, aber zugleich das Segensreichste an der Beichte. Sonst steht man in der Gefahr, dass man im allein gesprochenen Sündenbekenntnis, das man angeblich vor Gott abgelegt hat, nur vor sich selbst bekannte und sich nur selbst vergab. Gott will jedoch, dass wir einander unsere Sünden bekennen (Jak.5,16). Hast du das schon einmal getan?

6.3. Die Notwendigkeit der Beichte

Nun möchte ich noch auf einige Punkte hinweisen, bei denen es nach meiner Erfahrung ohne ein persönliches Sündenbekenntnis unter 4 Augen keinen weiteren Fortschritt im Glaubensleben gibt. Dies möchte ich nicht als ein neues Gesetz, sondern als die einzige Möglichkeit eine „Not“ zu „wenden“, verstanden wissen:

6.3.1. Wenn du mit einer bestimmten Sünde nicht fertig wirst, obwohl du sie schon 100 mal im persönlichen Gebet Gott bekannt und um Vergebung gebeten hast, dann solltest du ein seelsorgerliches Gespräch suchen. Das Bekenntnis der Sünde ist dann der erste Pflock, den wir in den Boden einschlagen, um ein weiteres Abrutschen zu verhindern. Vielleicht kann dir schon ein solch offenes Bekenntnis entscheidend weiterhelfen. Verschiebe die Sache nicht auf später. Ungeordnete Dinge werden später immer schwerer gelöst, als heute! - „Gebt acht, jetzt ist die Zeit der Gnade! Heute ist der Tag der Rettung!“ 2.Kor 6,2

6.3.2. Wenn Heilsgewissheit fehlt, kann in den meisten Fällen ein persönliches Beichtgespräch und der Zuspruch der Vergebung diesen Mangel beheben. Denn wie das Wort Jesu denen, die es gläubig angenommen haben, tatsächliche Reinigung von ihren Sünden gebracht hat (Joh.15,3), so wird es das in seinem Auftrag der Welt verkündigte Wort der Jünger ebenso tun. Joh.20,22-23 Der Zuspruch des Wortes Gottes kann Glaubensgewissheit schenken. (1.Joh.5,13).

6.3.3. Wenn okkulte Belastungen vorliegen. Wenn von den Eltern oder Großeltern derlei Praktiken bekannt sind und noch keine Lossprechung im Namen Jesu vollzogen wurde, dann suche das Gespräch mit deinem Seelsorger, sage ihm dies und bitte um ein Lossagegebet. Wie ein Gefesselter sich in der Regel nicht allein von seinen Fesseln befreien kann, so kann auch jemand mit okkulten Bindungen sich nicht selbst davon befreien. Mt.18,18

6.3.4. Wenn es dir schwerfällt, anderen zu vergeben, dann bekenne deine Sünde einem treuen Menschen und du wirst es auf diesem Wege lernen, anderen zu vergeben. Eph.4,32 Demjenigen, der fragt, ob tiefsitzende innere Probleme immer einer anderen Person bekannt werden müssen, um davon loszukommen, antwortet der Herr in seinem Wort und deshalb auch wir mit einem „JA!“. Es geht nicht anders.

Die Furcht vor einem offenen Bekenntnis meiner Schuld verschwindet, wenn das Bewusstsein der Realität Gottes größer ist als meine Menschenfurcht. Die Gewissheit, dass ich mit Gott im reinen bin, wird mir dann wichtiger, als die, dass mein Ruf vor Menschen unbeschädigt bleibt.

Das Sündenbekenntnis reinigt die Segenskanäle Gottes. Sünde hindert Gott daran, uns wohlzutun. Deshalb ist die Möglichkeit der Beichte ein Vorrecht, das jeder Christ zu seinem und seiner Gemeinde Besten und zur Ehre Gottes, eifrig nutzen sollte.

7. Die Frucht der Vergebung

7.1. Vergebung schenkt Freiheit

Vergebung hat es damit zu tun, mit Belastungen fertig zu werden. Sie ist vor allem für uns selbst wichtig, damit wir unsere Beziehung zu Gott nicht durch den Ärger, die Bitterkeit oder den Groll, die wir dem Bruder/der Schwester gegenüber hegen, beeinträchtigen lassen.

Der Herr beschenkt mich mit seiner Liebe, seiner Geduld, seiner Vergebung und Verständnis für den anderen. So kann ich mich entscheiden, ihm zu vergeben und ihm als Zeichen der empfangenen Vergebung Liebe und Freundlichkeit zukommen lassen. Ich muss nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Ich leben ein Leben als Getaufter. Seine Sünde Gott gegenüber existiert immer noch, aber an meiner Reaktion auf seine Sünde kann er (hoffentlich) ablesen, wie Gott auf Sünde reagiert, wenn ich sie bekenne und seine Vergebung annehme, d.h. für mich gelten lasse. Er ist von seiner Sünde immer noch „eingemauert“, aber ich bin es nicht mehr! Ich bin frei! Das gibt mir die Möglichkeit, so zu reagieren, wie Gott es möchte.

Manchmal dürfen wir es erleben, wie diese göttliche Liebe den anderen gewinnt. Röm.2,4; Titus 2,11; Kolosser 3,13

Es kommt auch in der Gemeinde Jesu vor, dass sich ein Bruder an einem anderen versündigt. Hier müssen wir nun darauf achten, dass wir uns die Fehler nicht gegenseitig vorwerfen, sondern dass wir mit Sünden umgehen, wie Gott mit Sünden umgeht, dass wir sie vergeben.

Wer ständig vergibt, wird frei von Misstrauen, Ängstlichkeit und sogar von Hemmungen. Wie oft sind wir gehemmt und unfrei, weil wir einander mit Angst und Misstrauen begegnen und das geschieht deshalb, weil wir annehmen, der andere könnte etwas gegen uns im Schilde führen. Wenn alle die Vergebung ausleben, werden solche Reflexionen, die jede Gemeinschaft belasten und soviel Kraft unnötigerweise verbrauchen, aufhören.

Wer so lebt, befreit auch sein Gedächtnis von unnötigem Ballast, weil das Negative nicht mehr gesammelt wird. Er ist dafür in der Lage, das Gute aufzubewahren. Hier geschieht eine Umorientierung unserer Sinne d.h. Buße! Phil.4,8

7.2. Vergebung und Ermahnung

Vergebung macht den Weg frei für geschwisterliche Ermahnung. * Vergebung hebt die Notwendigkeit der Zurechtweisung nicht auf, sondern ermöglicht sie erst!

Paulus ist uns ein gutes Vorbild. Auf Grund der Vergebung kam er immer wieder zu neuer Dankbarkeit und von dieser Ausgangsposition ermahnte er und wies zurecht. Wenn eine Zurechtweisung nicht auf der Basis von Vergebung geschieht, dann fehlt ihr die rechte Autorität!

Deshalb ist es nicht immer gut, sofort auf jemanden zuzugehen, der sich, wie ich meine, an mir vergangen hat. Ich muss das Geschehen erst selbst in einer geistlichen Weise bewältigen, bevor ein Sprechen mit dem anderen Aussicht auf Erfolg hat d.h. bevor ich Aussicht habe, ihn zu gewinnen. Mth.18,15

7.3. Vergeben und vergessen

Wir kennen alle die nagende und aufreibende Beschäftigung mit dem Schmerz und der Wut über eine innere Verletzung. Abgesehen von körperlichem Schmerz lenkt nichts anderes unsere Aufmerksamkeit derart stark auf sich. Solange wir noch solch einen Krieg in unserem Inneren ausfechten, haben wir nicht vergeben.

Vergeben ist mehr als vergessen! Nur wenn du von Herzen vergibst, kannst du auch vergessen. Aber: Nicht alles, was du vergeben hast, wirst du vergessen. Denn fast jede Wunde, die Vergebung erforderte, steht auch für wichtige Lektionen - Lektionen, die ein hohes Preisschild tragen. Das soll nicht heißen, dass wir uns an alle schauerlichen Einzelheiten erinnern müssen. Man könnte es mit der Verwandlung von Mist in Dünger vergleichen. Die Erinnerung lässt den Misthaufen an Schmerz austrocknen und verwandelt ihn in etwas, das als nährstoffreicher Dünger für eine reiche Ernte sorgt.

Was überwunden werden kann und soll, ist die emotionale Aufladung in Verbindung mit den Erinnerungen. Vergebung saugt das Gift aus der Wunde. Du wirst dich, wenn du später die Narbe siehst, an dieses Unrecht erinnern, aber es wird dich nicht mehr aufwühlen, schmerzen und erbittern. Nichts kann die Tatsachen ändern! Geschehen ist geschehen! ABER durch die Vergebung verändert sich die Bedeutung der Tatsachen für mich.

Und denke ja nicht, dass du vergessen kannst, bevor du tatsächlich vergeben hast. Wer verzweifelt darum ringt, vergessen zu können, gräbt sich den Gedanken nur immer tiefer ein. Vergessen ist ein Resultat völliger Vergebung, nie das Mittel, um sie zu erreichen. Vergessen ist der letzte Schritt, nicht der erste.

Vergebung ist jedoch erst dann komplett, wenn das gebrochene Freundschaftsband wiederhergestellt ist. Und die Schweißnaht echter Vergebung wird ein festeres, stärkeres Band bilden, denn je zuvor.

Bitterkeit in unserem Geist ist wie Gift in unserem Körper. Sie infiziert unsere Gedanken, Gefühle und Entscheidungen. Ihre zerstörerischen Wirkungen zeichnen unser Gesicht und ruinieren unsere Gesundheit. Deshalb ist es wichtig in ständiger Vergebungsbereitschaft zu leben, Vergebung zu einer Lebenshaltung werden zu lassen.

7.4. Die Auswirkungen ständiger Vergebungsbereitschaft

7.4.1. Die Haltung der Vergebung lässt eine positive Haltung dem Angriff gegenüber entstehen und baut die negative Haltung dem Angreifer gegenüber ab. Wenn unser Hauptaugenmerk nach einem Angriff auf den Angreifer gerichtet ist, fällt es uns schwer, nicht bitter zu werden. Wenn wir uns aber auf den Angriff konzentrieren, sind wir viel eher in der Lage, ihn als eine Notwendigkeit für die Entwicklung unseres Charakters anzusehen. Wir können solange nicht oder nur sehr schwer vergeben, bis wir sehen, dass die Angriffe, die normalerweise unseren Ärger hervorrufen, „verpackte Wohltaten“ sind. Sie wollen unsere „schwachen Punkte“ trainieren. (Ungeduld, Stolz, einander höher achten. . . ) Unsere Reaktion auf den Angriff wird dann unser wichtigstes Anliegen. Wenn man das Problem so anpackt, werden sowohl der Angreifer, als auch der Angriff nebensächlich und meiner Reaktion wird mein Hauptinteresse gelten. Philemon 15-16 Was tut Paulus hier? Paulus zeigt, was der „Angriff“ (das Verschwinden des Onesimus) Gutes für Onesimus, Paulus und Philemon bewirkt hat. Weitere Beispiele? (Unfall, Flugzeug versäumt, das dann abstürzte)

7.4.2. Die Haltung der Vergebung sieht den Angreifer als ein Werkzeug Gottes an. Es ist wohl die tiefste Glaubensüberzeugung eines Christen zu wissen, dass letzten Endes Gott hinter allem Geschehen steht, dass er sogar den Zorn und die Bosheit der Menschen zu seiner Ehre einsetzen kann und es tut. Ps.119,91; Jes.45,7; 46,10; Spr.16,4 Wir lesen: 2.Sam.16,5-14 David hätte sauer auf Schimi sein können. Aber er schaute auf die höhere Macht, die hinter all dem stand und ohne deren Einwilligung nichts geschehen konnte.

Wir lesen Eph.3,1 Paulus liegt im Gefängnis. Seine Zukunft war unsicher. Obwohl er angesichts dieser Lage Grund genug gehabt hätte, verzagt zu sein, ist er nicht entmutigt, weil er weiß: Nicht die Fesseln halten ihn gefangen! Nicht die Römer, der Kaiser oder die Juden sind es, die Gewalt über ihn haben, sondern allein Christus. Nicht seine Lage, wie er sich fühlt, steht im Mittelpunkt seines Lebens, sondern Christus. Christus ist auch der Mittelpunkt seiner Gefangenschaft. Er führt alles, was ihm widerfährt auf Christus zurück. Tun wir das auch?

Wir lesen Gen.50,20; Luk.23,34 - Josef und Jesus sahen in den Brüdern, bzw. den Peinigern Werkzeuge, welche die Absichten Gottes in ihrem Leben ausführten. Ich möchte mir diese Sicht auch mehr und mehr zu eigen machen!

7.4.3. Die Haltung der Vergebung erkennt in den Wunden, die der Angriff bei uns schlägt, das Reden Gottes, wodurch er unsere Aufmerksamkeit auf die Nöte des Angreifers lenkt. Siehe: Apg.16,16-18 Was geschah wodurch? Paulus hätte sich über das Verhalten des Mädchens ärgern können. Er hätte ihre Gegenwart meiden oder ihr zu schweigen gebieten können.

Ihr aufdringliches und störendes Verhalten bewirkte, dass Paulus auf ihre Not aufmerksam wurde, was schließlich zu ihrer Heilung führte. Jedes ungöttliche Verhalten eines Menschen zeugt von einem geistlichen Defekt bei ihm oder ihr. Darauf will Gott uns aufmerksam machen, um durch uns zu helfen!

7.4.4. Die Haltung der Vergebung lässt uns erkennen, dass der Angreifer die Folgen seines Angriffs bereits selbst zu tragen hat. Das Glück und die Zufriedenheit eines Menschen ist abhängig von seiner Übereinstimmung mit den grundlegenden göttlichen Prinzipien des Lebens. Ein Angriff auf mich zeigt, dass er oder sie eines oder mehrere dieser Prinzipien verletzt hat. Diese Verletzungen werden einen nachhaltigen negativen Eindruck auf sein eigenes Glück, sein Wohlergehen und seinen Erfolg haben. Er leidet selbst auch unter diesem Defekt, ob er es weiß, zugibt oder nicht. Oft wird er/sie die Ursache für seine Probleme ganz woanders suchen. Petrus sah nur das schändliche Verhalten Jesus gegenüber. Er ergriff in seinem Zorn Partei und stand als Verderber da (Joh.18,10). Jesus sah den Mangel an Einsicht und Liebe und wusste, dass angesichts des ewigen Richterspruchs Gottes diejenigen, welche ihn kreuzigten weit bedauernswerter waren, als er. So war er zur Vergebung bereit. Lk.23,34; Hiob 15,20; Ps. 32,10

7.4.5. Die Haltung der Vergebung schließt eine Zusammenarbeit mit Gott im Leben des Angreifers ein. Wenn uns jemand absichtlich angreift, können wir sicher sein, dass er gespannt auf unsere Reaktion wartet. In solch einem Fall haben wir die außergewöhnliche Möglichkeit,Vergebung zu demonstrieren. Wenn er unsere Liebe erfährt und sieht, dass wir uns nicht so schrecklich wichtig nehmen, wird er es leichter fassen können, dass auch Gott ihn trotz seiner Schuld liebt, ihm vergeben und ihn zu sich ziehen will. Röm.12,17 Wenn uns jemand unabsichtlich verletzt hat, zeigt uns das seine geistlichen Mängel, deren er sich selbst vielleicht noch gar nicht bewusst ist. In diesem Fall verschafft uns eine gelassene Haltung ihm gegenüber vielleicht eine Gelegenheit, um ihm auf den Gebieten, die seine Angriffe aufgedeckt haben, eine Hilfe sein zu können. Gal.6,1-2

7.4.6. Die Haltung der Vergebung bewirkt die Bereitschaft zur vorbehaltloses Annahme meines Mitmenschen. Vergebung auszuleben bedeutet, dass man andere von ganzem Herzen akzeptiert u.z. so wie sie sind, nicht wie wir sie gerne hätten. Röm.15,7 Solche Annahme nimmt Verantwortung für den anderen auf sich. Sie setzt sich in tatkräftiger Hilfe, in Dienst und Lastentragen ein. Viele Christen können einander nicht so annehmen, wie Christus sie angenommen hat, weil sie nicht bereit sind, einander von Herzen zu vergeben. Alle die Vorbehalte, die wir voreinander haben, sind auf mangelnde Vergebungsbereitschaft zurückzuführen. Gegenseitige Annahme wird nicht durch Gemeindefeste, Familiengottesdienste, oder gemeinsames missionarisches oder praktisches Tun erreicht, sondern nur durch praktizierte Vergebung.

7.4.7. Die Haltung der Vergebung lässt in uns die Frucht des Heiligen Geistes wachsen. Das ist so, weil wir uns andererseits durch die Haltung des „Nicht-vergeben-wollens“ selbst von der Gnade Gottes abschneiden, weil wir dann selbst die Segenszuflüsse von Gott in unser Leben verstopfen. Vergebung zu empfangen ist eine fundamentale Erfahrung eines jeden Christen. Wo sie fehlt, fehlt der Nährboden für die Frucht des Geistes. Die Frucht des Geistes ist LIEBE und sie erweist sich sowohl bei Gott als auch bei Menschen vornehmlich in Vergebung. 1.Kor.13,4-7

8. Sei dir der Folgen des "Nicht-vergeben-wollens" bewusst!

Als Jesus sagte: „Vergib siebzig mal sieben mal“ hatte er, wie bei allem, was er sagte und tat, unser Bestes im Sinn. Nicht nur unser Bestes in Bezug auf unseren inneren, geistlichen Menschen, sondern auch in Bezug auf unseren physischen, äußeren Menschen. Jesus kennt nicht nur die geistlichen Folgen von Bitterkeit genau, sondern auch die geistigen, gefühlsmäßigen und leiblichen Auswirkungen des „Nicht-vergeben-wollens“. Er sieht den Menschen stets in seiner Ganzheit und will das Beste für den ganzen Menschen. Deshalb will ich kurz noch einige Bemerkungen zu den leiblichen, geistigen und gefühlsmäßigen Folgen der Bitterkeit machen, sowie eine kurze Zusammenfassung der geistlichen Folgen geben.

8.1. Leibliche Folgen der Bitterkeit

Bitterkeit, Groll, Ärger und Hass machen uns krank. Sie schlagen uns auf den „Magen“. Die medizinische Wissenschaft schätzt die Ursache aller möglichen Krankheiten durch seelische Konflikte jedes Jahr höher ein. Besonders ist das bei Magengeschwüren, Darmentzündungen und zu hohem Blutdruck der Fall. Zitat S. 71 Mc.Millen „Vermeidbare Krankheiten“ - „Ich denke an eine forsche alte Dame, etwa 8o Jahre alt. Sie kam regelmäßig zu mir, um ihren Blutdruck kontrollieren zu lassen. Gewöhnlich war er so um 200, aber an einem bestimmten Tage betrug er 230. Ich war entsetzt, sagte aber ganz ruhig: „Heute ist Ihr Blutdruck aber ziemlich hoch.“ Mit einem Lächeln antwortete sie: „Das kann ich Ihnen leicht erklären. Ich hatte nämlich gerade eine heftige Auseinandersetzung mit einem Patienten in Ihrem Wartezimmer.“ Unvorstellbar. Diese gebildete, intelligente Dame hätte bei dieser Gelegenheit einer ihrer Gehirnadern den Rest geben und einem schweren Schlaganfall erliegen können. Und das nur, weil sie mit einem Mann, der wegen seines losen Geredes weit und breit bekannt war, fertig werden wollte. Sie begründete den plötzlichen Anstieg ihres Blutdruckes richtig. Zank und Streit verursachen und verschlimmern viele Fälle hohen Blutdrucks. Wir zahlen oft auf ganz verschiedene Weise heim. Meine ein Jahr alte Enkeltochter streckte, wenn ihr etwas missfiel, ihre kleinen Hände aus und schlug wütend in die Luft. Andere unzufriedene Babys schlagen ihren Kopf auf den Fußboden. Da ein Baby seinen Kopf nicht sehen kann, ist das der letzte Teil seines Körpers, den es als zu sich gehörig erkennt.“ Unsere Bitterkeit und Ärger rufen fortwährend von der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), der Nebennierenrinde, der Schilddrüse und anderen Drüsen bestimmte Hormone herbei. Diese überschüssigen Körpersäfte können in verschiedenen Teilen des Körpers Krankheiten verursachen. In solchen Fällen um Heilung beten? Hier müssen die Ursachen beseitigt werden!

8.2. Geistige Folgen der Bitterkeit

Ein Arzt illustriert die geistigen Folgen des Festhaltens an Groll und Bitterkeit so: S. 73 Mc.Millen - „In dem Augenblick, wo wir anfangen, jemanden zu hassen, werden wir Sklaven des Hasses. Wir können nicht mehr mit Freuden unsere Arbeit tun, weil der andere unsere Gedanken beherrscht. Unsere Bitterkeit produziert zu viele Stresshormone, so dass wir bereits nach einigen Stunden ermüdet sind. Die Arbeit, an der wir vorher Freude hatten, ist zur Quälerei geworden. Sogar Ferien bereiten uns kein Vergnügen, selbst wenn wir im Luxusauto an einem See entlang fahren und alles in herbstlichen Farben leuchtet. Wenn uns Freude ausfüllt, können wir ebenso gut mit einem Pferdewagen durch Schlamm und Regen fahren. Der Mensch, den ich hasse, jagt mich, wo ich auch hingehe. Ich kann seinem tyrannischen Zugriff nirgends entfliehen. Wenn der Kellner mir ein Kotelett mit Pommes frites, Spargel und frischem Salat und anschließend Erdbeeren mit Schlagsahne serviert, so könnte ich mich genauso an trockenem Brot und Wasser erfreuen. Meine Zähne kauen die Speise, und ich schlucke sie. Der Mann, den ich hasse, erlaubt mir nicht, sie zu genießen. König Salomo hat wohl ähnliche Erfahrungen gemacht, denn er schrieb: „Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass."

Der Mensch, den ich hasse, kann Kilometer von meinem Schlafzimmer entfernt sein, aber grausamer als jeder Sklaventreiber peitscht er meine Gedanken auf, bis meine Sprungfedermatratze zum Folterbrett wird. Der niedrigste der Sklaven kann schlafen, aber ich nicht. Wir müssen einfach zugeben, dass wir Sklaven der Menschen sind, über die wir Zorn ausgießen.“ In solchen Fällen um Heilung beten? Hier müssen die Ursachen beseitigt werden!

8.3. Gefühlsmäßige Folgen der Bitterkeit

Niedergeschlagenheit und Depressivität sind die häufigsten Kennzeichen der Menschen, die an irgend einem Punkt nicht vergeben wollen, die über irgend eine Sache innerlich nicht hinwegkommen.

Bitterkeit aufrechtzuerhalten beansprucht nicht geringe gefühlsmäßige Energien. Gerade so, wie wir müde werden, wenn unsere körperlichen Kräfte erschöpft sind, werden wir niedergeschlagen, wenn unsere emotionalen Energien aufgebraucht sind. In solchen Fällen um Heilung beten? Hier müssen die Ursachen beseitigt werden!

8.4. Geistliche Folgen der Bitterkeit

Zweifel an eigenen Erlösung; Heilsgewissheit nimmt ab. Warum? Weil wir uns durch unsere Haltung selbst von allem Segen Gottes ausschließen. Mt. 6,14-15

Die Liebe zu Gott und allem was IHM wertvoll ist nimmt ab. 1.Joh.4,20-21 Bibel, Gebet, Gemeinde, Zeugnisgeben...

Das Interesse an ungöttlichen Dingen nimmt zu und will uns beherrschen. Der Feind will uns mehr und mehr auf seine Seite ziehen.

Manfred Herold

Manfred Herold