Der Hauptmann von Kapernaum

Der Hauptmann von Kapernaum ist eine der interessantesten Figuren im Neuen Testament. Sogar Jesus, der Sohn Gottes staunte über ihn. Deshalb kann er auch uns Heutigen in vieler Hinsicht ein Vorbild sein. Matthäus 8,5-13

1. Der Hauptmann glaubte den Nachrichten über Jesus.

Er hatte wohl von irgendwem, irgendwo, irgendwie etwas über Jesus, Seine Botschaft und Vollmacht gehört und war von dem Gehörten beeindruckt. Der Chance jedoch, die in diesen Informationen lag, war er sich so lange nicht bewusst, als alles in seinem Leben normal verlief. Als aber sein Diener schwer krank wurde, wurde er sich der Herausforderung, die in dem Gehörten lag, auf ein Mal bewusst. - So ist es auch heute noch: Solange wir ungestört unser Leben leben können, spüren wir oft keine Herausforderung zum Glauben an Jesus. Aber wenn ein Problem auftaucht, eine Sünde uns niederdrückt, eine Notlage eintritt, dann kann uns der Hauptmann in vielem ein Vorbild sein:

Er hatte durch das Achten auf Gottes Wort in der Synagoge eine Sensibilität für das Richtige, Gute, Aufbauende entwickelt. Deshalb war er ein Proselyt (ein Heide, der an den Gott Israels glaubte) geworden. Deshalb machte die Botschaft von Jesus Eindruck auf ihn. - Viele Menschen lassen sich nur zum Glauben herausfordern, wenn es ihnen schlecht geht. Er hatte echtes Mitgefühl mit seinem Diener. Durch die Krankheit seines Knechtes sah er sich herausgefordert, mit seinem Glauben an Jesus ernst zu machen. - Nur wenn wir unsere Sünde spüren, nur wenn sie uns zur Last wird, nur wenn wir von einem schlechten Gewissen geplagt werden, werden wir uns zu Jesus hin aufmachen und Ihn um Vergebung bitten.

2. Der Hauptmann kam zu Jesus.

Der Hauptmann, der normalerweise Menschen herumkommandierte, machte sich selbst auf und kam zu Jesus. Er glaubte nicht nur, dass Jesus ihm wahrscheinlich helfen konnte, sondern er ging auch zu Jesus. Er war sich nicht zu fein, zu bedeutend, zu wichtig – er kam zu Jesus! Das war ein Zeichen echter Demut. - Nur wenn du eine bescheidene Sicht von dir selbst hast, wirst du deinen Stolz überwinden und zu Jesus kommen. Andere mögen eine solche Einstellung krankhaft nennen, aber sie wissen nicht, welchen Geistes Kind du bist. Kinder Gottes können bescheiden sein und dennoch durch die Beziehung zu Christus selbstgewiss und sicher auftreten.

Er musste sich entscheiden: „Vertraue ich Jesus, dass Er auch meinem Diener hilft? Kann man all dem, was man so über Ihn hört, trauen?“ - Der Hauptmann kannte nicht nur die Hilfsmöglichkeit, die sich ihm in Jesus bot, sondern er machte sich auf, diese Möglichkeit zu nutzen. Nicht nur Bescheid zu wissen ist wichtig, sondern sein Wissen aktiv zu nutzen ist entscheidend.

Jesus möchte, dass wir in jeder Lebenslage zu Ihm kommen. (Glauben – wissen – aufmachen – kommen) Das ist keineswegs selbstverständlich, dass die, welche die Hilfsbereitschaft Jesu kennen, auch immer wieder zu Ihm kommen und die Hilfsmöglichkeit nutzen.

3. Der Hauptmann bat Jesus.

Der Hauptmann war es gewiss nicht gewöhnt zu bitten. Er war der oberste Befehlshaber in Kapernaum. Er hatte Anweisungen und Befehle zu geben. Das war sein Job. Noch dazu gehörte er zur Besatzungsmacht. Er war Repräsentant des römischen Weltreiches. - Solche Menschen werden leicht sehr stolz auf das Erreichte. Noch dazu hätte er auf seine Beliebtheit bei den Juden stolz sein können. Er hatte ihnen in Kapernaum immerhin die Synagoge gebaut.

Was mag in dem Hauptmann vorgegangen sein? „Wer sagt mir eigentlich, dass ich mit meiner Beurteilung dieses Mannes Jesus richtig liege? Die jüdischen Schriftgelehrten sind sich doch selbst noch nicht einig, wie Jesus zu beurteilen ist? Die meisten meinen, er könne unmöglich der Messias sein! Was stimmt denn nun?“ - Nur wenige Menschen können in einer Atmosphäre der Anerkennung und Ehre bescheiden und demütig bleiben. Man wird geradezu zu Hochmut und Stolz genötigt. Je mehr sich diese Einstellung verfestigt, um so schwerer fällt es, um etwas zu bitten. (Kinder: „Kann ich allein!“ bis ins Seniorenalter) Der Hauptmann war diesem Fehler nicht verfallen. Ein weiteres Zeichen der Demut.

Bei Jesus kommt man nicht mit theoretischen Erörterungen weiter, sondern nur durch eine persönliche Begegnung, z.B. in Form einer demütigen Bitte.

4. Der Hauptmann bat für jemand anderen.

Wenn wir uns bewusst machen, welche inneren Hindernisse der Hauptmann zu überwinden hatte, bevor er sich auf den Weg zu Jesus machte und wir uns dann noch darüber klar werden, dass er gar nichts für sich persönlich wollte, sondern für jemand anderen bat, dann sollte unsere Hochachtung für den Hauptmann noch einmal zunehmen.

Zu echtem Mitgefühl sind nur demütige, bescheidene Menschen fähig. Wer sich selbst für alles hält, hält die anderen für nichts. Der Stolz hat kein Herz und wird einen kranken Diener eher aus dem Hause schaffen, als einen Arzt für ihn zu suchen. Gott hatte bereits an seinem Herzen arbeiten können, wie wir an diesem Mitgefühl und der Bereitschaft Fürbitte einzulegen sehen.

Welche Rolle spielt die Fürbitte in deinem Leben? Bist du dir darüber im Klaren, dass manche Not in deinem Leben darauf zurückgeführt werden kann, weil du so wenig Fürbitte einlegst? Schau dir z.B. Hiob an. Von ihm heißt es in Hiob 42,10: „Der HERR stellte Hiobs Glücksstand wieder her, als er Fürbitte für seine Freunde eingelegt hatte..“ Nachdem er sein Anliegen vorgebracht hatte, antwortete Jesus ihm: „Ich will kommen und ihn heilen!“ Eine doppelte Zusage aus dem Munde Jesu. Mehr hatte sich der Hauptmann nicht wünschen können.

5. Der Hauptmann kannte seine Distanz zu Jesus.

Nun aber nimmt die Geschichte ein völlig überraschende Wendung. Obwohl sogar vornehme Juden der Meinung waren: „Er ist es tatsächlich wert, dass Du Dich um ihn bemühst“ (Lukas 7,4), war er anderer Meinung. Der Hauptmann wehrte ab, als hätte er von Jesus zu viel verlangt: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst..“

Wie kam der Mann zu solch einer Selbsteinschätzung? Wir wissen es nicht. - Heute würde man ihn dafür bedauern. Aber die Reaktion Jesu zeigt, dass der Mann nicht zu bedauern, sondern zu beglückwünschen war. Wie war er geworden, was er war? Wir können nur aus der Beschreibung seiner gesamten Persönlichkeit einige Rückschlüsse ziehen:

Er war offen für die Wahrheit. Er wurde nicht von Traditionen, Vorurteilen oder Gewohnheiten bestimmt. Er war wachen beweglichen Geistes. Nur so ist es zu erklären, dass er sich von den römischen Göttern ab und dem Gott Israels zugewandt hatte. Ihm war klar geworden, dass da mehr Licht zu erhalten war.

Gewiss hatte er auch seinen Soldatenstatus überdacht und herausgefunden, dass er als Ordnungshüter nicht gegen die Bevölkerung, sondern für sie da sein sollte (Bau der Synagoge). Durch die Beschäftigung mit dem Alten Testament hatte er sich gewiss auch als Sünder erkannt, der dringend Vergebung und Erlösung brauchte. All dies brachte ihn dazu, das freundliche Angebot Jesu abzulehnen.

Als er Jesus persönlich begegnete, merkte er wohl wie wenige andere, dass der Heilige Gott Israels vor ihm stand und er brachte in seinen Worten zum Ausdruck, was Petrus vor einiger Zeit so ausdrückte: „Herr, gehe von mir hinweg, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ (Lukas 5,8)

Ich befürchte, dass wir die Gemeinschaft mit Jesus für so banal, d.h. nichts besonderes ansehen, so selbstverständlich nehmen, dass wir jegliches Bewusstsein der Heiligkeit Gottes verloren haben. Auch das hat wieder seine Ursache darin, dass wir so eine hohe Meinung von uns selbst haben, dass nur noch für eine geringe Wertschätzung Christi Platz bleibt. Solch ein Gefühl der Unwürdigkeit ist äußerst nützlich, weil es den Sünder dahin bringt, wo Gott ihn segnen kann. Wir sind nicht wert, errettet zu werden; wenn wir es wären, so würde es aus Recht und nicht aus Gnade geschehen. Wir sind nicht wert, irgend etwas Gutes aus der Hand des von uns beleidigten Gottes zu empfangen; wenn wir es wären, würden wir uns an seine Gerechtigkeit wenden und seine Gnade wäre unnötig.

6. Der Hauptmann vertraute Jesu kraftvollem Wort.

Er hatte durch den Heiligen Geistes einen tiefen Eindruck der Besonderheit Jesu erhalten. Dies war wohl nicht in erster Linie ein emotionaler Eindruck, sondern ein rationaler. Er zog mit seinem Verstand rationale Vergleiche zwischen sich und Ihm und sprach darüber. Weil er etwas von Über- und Unterordnung wusste, von Befehlsgewalt und Gehorsam, deshalb zog er den logischen Schluss und sprach: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund werden! Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Vorgesetzten steht, und habe Kriegsknechte unter mir; und wenn ich zu diesem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem anderen: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.“

Weil dieser Mensch tief von seiner Unwürdigkeit überzeugt war, dankte er Jesus für die Bereitschaft, ihn zu besuchen, lehnte bescheiden ab und bat lediglich um ein Machtwort Jesu. Das würde seinem Knecht helfen. Er war mit einem Wort des Herrn zufrieden. Wie hoch schätzte dieser Hauptmann die Worte Jesu! Welch ein Vorbild kann er für uns heute sein!

Diese Geringschätzung seiner selbst bewahrte den Hauptmann auch davor, Jesu vorzuschreiben, wie der Segen kommen sollte (Naemann - 2. Könige 5,10-11). Er war in seinen Augen so niedrig, dass er mit einem Worte zufrieden war. „Sprich ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ An diesen Punkt müssen wir alle kommen. Bist du zufrieden, Gottes einfachem Wort zu glauben und durch den Glauben an Gottes Wort errettet zu werden? Wer mehr oder anderes will als Gottes Wort, wird einmal im Gericht von jenem Hauptmann der Missachtung des Herrn und Heilands Jesus Christus angeklagt werden!

7. Der Hauptmann wurde von Jesus gelobt.

Matthäus 8,10-13 – Jesus wunderte sich! Ein erstaunlicher Ausdruck. Ist das überhaupt möglich? - Ich kenne nur 2 Bibelstellen, die von einem „Verwundern Jesu “ sprechen: Markus 6,6 (er wunderte sich über den Unglauben in Nazareth) + Matthäus 8,10.

Wie war dieser von Jesus bewunderte Glaube beschaffen?

•Er glaubt den Nachrichten über Jesus.

•Er kommt zu Jesus.

•Er bittet Jesus.

•Er bittet für jemand anderen.

•Er kennt seine Distanz zu Jesus.

•Er vertraut Jesu kraftvollem Wort.

Christen leben nicht davon in der Vergangenheit einmal geglaubt zu haben, sondern sie lernen es, jeden Tag und jede Stunde im Vertrauen auf Jesus zu leben und diesen Glauben zu praktizieren.

 

 

Manfred Herold

Manfred Herold