Der Himmel, unsere ewige Heimat

Jede bisher bekannte Zivilisation war/ist der Überzeugung, dass wir irgendwo, irgendwie für immer leben. Die australischen Ureinwohner stellten sich den Himmel als eine ferne Insel jenseits des Horizonts im Westen vor. Die Mexikaner, Peruaner und Polynesier glaubten, dass sie nach ihrem Tod zur Sonne oder zum Mond gehen. In den ägyptischen Pyramiden fand man neben den einbalsamierten Leichen Landkarten als Führer in der zukünftigen Welt. Die Römer glaubten, dass die Gerechten in den Gefilden der Seligen picknicken werden, während ihre Pferde in der Nähe grasen. Bei allen Unterschieden weisen alle Traditionen darauf hin, dass der Mensch an ein Leben nach dem Tode glaubt.

Denn alle Menschen leiden an derselben tödlichen Krankheit: der Sterblichkeit. Weltweit sterben jede Sekunde drei Menschen und sie kommen, nach dem Zeugnis der Bibel, entweder in den Himmel oder in die Hölle.

Gott benutzt Leid und den nahe bevorstehenden Tod, um uns von dieser Erde loszulösen und auf das auszurichten, was danach kommt. Sterbende und ihre Angehörigen zeigen oft ein großes Interesse am Leben nach dem Tod. Die meisten Lebenden interessiert das jedoch nicht. So behaupten Christen zwar, dass der Himmel für sie der schönste und erstrebenswerteste Platz sei, - aber: Freut sich tatsächlich jemand auf den Himmel? Warum nicht? Was bedeutet uns der Himmel? Sind unsere Vorstellungen vom Himmel überhaupt richtig?

1. Falsche Vorstellungen vom Himmel

Zuerst ein Wort an die, welche nicht an eine jenseitige Welt glauben: Man könnte die Existenz der unsichtbaren Welt mit der der mikroskopischen Welt vergleichen. Obwohl unsere Sinne nicht so ausgestattet sind, dass wir die Milliarden mikroskopisch kleiner Lebewesen um uns her sehen können, gibt es sie dennoch. Andere Beispiele sind die Musik und farbige Bilder, die wir nicht hören oder sehen können, die uns aber dennoch ständig umströmen. Nur durch Radio- und Fernsehgeräte können wir sie erfassen. Es gibt also Welten innerhalb unserer Welt, die wir nicht sehen, hören oder berühren können. Niemand leugnet deshalb heute aber die Existenz von Radiowellen, Gasen oder Bakterien, nur weil sie für uns unsichtbar sind. Wir hielten solche Leugner heute einfach für ungebildet.

Bei den meisten Christen, die ich kenne, verbindet sich die Vorstellung vom Himmel mit der Idee eines endlosen Gottesdienstes, unaufhörlichem Lobgesang, ewigem Stillsitzen, goldenen Straßen, Perlentoren ….. und schrecklicher Langeweile.

Diese Unkenntnis ist gefährlich, denn sie raubt uns jegliche Freude auf den Himmel. Denn, was den Himmel zum Himmel macht ist allein Jesus Christus. Er ist nämlich nicht nur das Mittel unserer Rettung vor der Verdammnis, Er ist vielmehr das Ziel unseres Heils. Er ist bildlich gesprochen nicht nur das Seil, das uns auf dem bedrohlichen Wasser zieht, sondern auch der Fels unter unseren Füßen, die Luft in unserem Lungen, unser Herzschlag, die warme Sonne auf unserer Haut, das Lied in unseren Ohren und der Liebende, der Seine Arme um uns schließt. Christus selbst und die Gemeinschaft mit Ihm ist der Himmel. Darauf freut sich jeder, der Christus lieb hat. - Wenn wir uns schon vor unserem Urlaub intensiv mit unserem Reiseziel beschäftigen, wie viel mehr sollte das auf den Himmel zutreffen, unserem „ewigen Reiseziel“.

Das ist ein heute nur wenig erkannter und bekannter Trick Satans: Er versucht, dem Evangelium die Komponente der Freude zu nehmen. Denn anderen mitzuteilen, dass man die Ewigkeit an einem langweiligen, geisterhaften Ort verbringen kann ist keine „Frohe Botschaft“. Darüber können noch nicht einmal wir Christen selbst uns freuen. Offenbarung 12,12 sagt jedoch: „Darum seid fröhlich, ihr Himmel, und die ihr darin wohnt!“ Ich fürchte, wir haben unseren Appetit für die Freuden, die Gott für sein Volk in der Zukunft bereithält, verloren.

In dieser dunklen Zeit und Welt müssen wir uns gegenseitig wieder daran erinnern, was die Bibel über den Himmel sagt. Denn eines Tages wird die Blindheit, die uns von der ewigen Welt trennt, von uns genommen. Doch dann ist es für eine sinnvolle Vorbereitung zu spät!

2. Die Bedeutung unserer Vorstellungskraft

Als Marco Polo vom Hofe Kublai Khans nach Italien zurückkehrte, beschrieb er eine Welt, die seine Zuhörer nie gesehen hatten. Es war eine Welt, die man ohne Vorstellungskraft nicht verstehen konnte. China war keineswegs ein Land, das nur in der Einbildung existierte, aber es unterschied sich ganz erheblich von Italien. Aber die Bezugspunkte Italiens boten Marco Polo eine Grundlage, um unter seinen Zuhörern ein gewisses Verständnis für China aufzubauen. Von diesen Vergleichspunkten ausgehend, konnte man sich dann die Unterschiede zusammenreimen.

So beschreiben auch die Schreiber der Bibel den Himmel auf verschiedene Weise, einmal als Garten, als Stadt und als Königreich. Weil uns Gärten, Städte und Königreiche vertraut sind, dienen sie uns als Brücke für das Verständnis des Himmels. Viele Christen machen jedoch den Fehler anzunehmen, dass es sich hierbei nur um Vergleiche ohne tatsächlichen Bezug zur Wirklichkeit des Himmels, also um schlechte Vergleiche handelt. Zu oft wurde gesagt, dass der Himmel ein raum- und zeitloser Bereich sei. Deshalb nehmen wir die Bibel nicht ernst, wenn sie uns den Himmel als vertrauten, gegenständlichen und greifbaren Ort beschreibt.

Wir sind nicht, wie Plato annahm, nur geistige Wesen, die vorübergehend in einen Körper eingesperrt sind. Wir sind sowohl körperliche als auch geistige Wesen. Deshalb betont die Bibel auch die körperliche Auferstehung, denn sie ist erforderlich, um eine ewige, gerechtfertigte menschliche Natur zu erhalten, die für immer von Sünde, Fluch und Tod befreit ist.

Wir können uns nichts wünschen oder erhoffen, was wir uns nicht vorstellen können. Deshalb hat uns Gott in der Bibel häufig kurze Einblicke in den Himmel geschenkt, um unsere Vorstellung, ja unsere Fantasie zu beflügeln und so in unseren Herzen eine Sehnsucht nach dem Himmel zu wecken.

In den letzten Wochen und Monaten musste ich oft über die Motivation der islamistischen Selbstmordattentäter nachdenken. Gewiss sind nach meiner Überzeugung ihre Vorstellungen vom Himmel falsch, aber sie haben eine Idee vom Himmel, für die sie ihr Leben hinzugeben bereit sind. Haben wir eine zutreffende Vorstellung vom Himmel, für die wir auch nur das kleinste Risiko eingehen würden?

Wenn wir uns kein Bild vom Himmel machen können, dann können wir uns auch nicht auf den Himmel freuen, denn alles Angenehme, das wir vom Leben auf der Erde kennen, haben wir durch unsere Sinne erfahren. - Jesus freute sich so auf den Himmel, dass Er daraus Kraft und Geduld für das Erleiden des Kreuzes zog (Hebräer 12,2). Ist der Himmel unsere Freudenquelle? (1. Korinther 2,9-10) Gott lässt uns also sagen, dass Er uns durch Seinen Geist und Sein Wort Kenntnis vom Himmel gibt, sodass auch wir uns darauf freuen können.

Zusammengefasst heißt das also: Gott spricht in Seinem Wort nicht deshalb vom Himmel und der ewigen Welt, damit wir mit den Schultern zucken und unwissend bleiben, sondern weil Er will, dass wir begreifen, was auf uns wartet und uns darauf freuen.

3. Uns auf den Himmel ausrichten

„Weil ihr nun mit Christus auferweckt worden seid, so sucht das, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist.“ (Kolosser 3,1-2) Dies ist ein klarer Befehl, unser Inneres auf den Himmel auszurichten.

Was bedeutet das? Das hier verwendete Wort, das in der Regel mit „suchen“ übersetzt wird, hat im griechischen die Bedeutung von „einer sorgfältigen, tatkräftigen, zielstrebigen Nachforschung“. Wir sollen uns also, nach der Anweisung des Apostels Paulus, sorgfältig, tatkräftig, zielstrebig mit dem Himmel beschäftigen. Im hier verwendeten Präsens weist das Verb auf einen fortwährenden Vorgang hin: „Hört nicht auf, euch mit dem Himmel zu beschäftigen!“ Dem wiederholten Befehl können wir entnehmen, dass Christen dies nicht normalerweise von selbst machen, sondern dass es, wie meist bei Befehlen, einen Widerstand zu überwinden gilt. Bist du dabei deinen Widerstand oder deine Faulheit diesem Befehl gegenüber zu überwinden? „Sucht, was droben ist…!“

Es wird uns z.B. gesagt, dass wir uns keine Sorgen machen sollen, weil wir genau dazu einen Hang haben. Es wird uns nicht befohlen, nicht von einem Turm zu springen, weil wir normalerweise nicht mit einer derartigen Versuchung zu kämpfen haben. Die Aufforderung, über den Himmel nachzudenken ist deshalb so wichtig, weil unsere Sinne so sehr auf das Irdische ausgerichtet, ja ihm verhaftet sind, dass es uns schwer fällt, auch nur an den Himmel zu denken. - Hast du Freude an den Gedanken einer sündlosen Welt und Gesellschaft? Freust du dich daran, dass einmal Gerechtigkeit herrschen und deshalb auch allgemeiner Friede sein wird?

4. Bedeutet das, Träumer zu werden?

Jemand mag fragen: Macht uns dieses „an den Himmel denken“ nicht untauglich für ein Leben auf dieser Erde? Macht uns das nicht zu nutzlosen Träumern und Phantasten? Hierauf antwortete C.S. Lewis wohl zu Recht: „Aus der Geschichte wissen wir, dass gerade die Christen am meisten für das Diesseits taten, die sich am eingehendsten mit dem Jenseits befassten. Die Apostel, welche die Bekehrung des römischen Reiches auslösten, die großen Männer, die das Mittelalter aufbauten, die englischen Evangelikalen, die den Sklavenhandel abschafften, alle hinterließen ihre Spur auf der Erde, genau deshalb, weil ihr Denken sich mit dem Himmel beschäftigte. Sie alle drückten dieser Welt ihren Stempel auf, gerade weil ihr Sinnen und Trachten auf das Jenseits gerichtet war. Erst seitdem die Christen weithin aufgehört haben, an das Jenseits zu denken, sind sie in dieser Welt so ohne Wirkung.“ Matthäus 6,33: „Trachtet (sucht s.o.) vielmehr zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles hinzugefügt werden!“

Wenn wir diesen Worten in unserem Leben gehorchen wollen, dann müssen wir uns von der in der Bibel geoffenbarten Wahrheit unsere Fantasie anregen lassen. Auch hier zitiere ich gern C.S. Lewis, der sagte: „Der Verstand ist das natürliche Organ der Wahrheit, aber die Fantasie ist das Organ der Bedeutung.“ Dabei darf die Fantasie nicht von der Wahrheit weg, sondern auf die Wahrheit zu fliegen. Wir sollen also nicht mehr in das Wort hineinlegen, als darin liegt, aber auch nicht weniger darin suchen, als sie enthält.

„Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.“ (Römer 8,18) „Denn unsere Bedrängnis, die schnell vorübergehend und leicht ist, verschafft uns eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, da wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ (2. Korinther 4,16-18) - „Weil Jesus wusste, welche Freude auf ihn wartete, nahm er den Tod am Kreuz auf sich, und auch die Schande, die damit verbunden war, konnte ihn nicht abschrecken.“ (Hebräer 12,2)

Manfred Herold

Manfred Herold