Von allen Seiten bedrängt.

 

Jesus sagte es Seinen Jüngern voraus: „In der Welt habt ihr Angst (oder: „werdet ihr von allen Seiten bedrängt“), aber vertraut darauf: Ich habe die Welt besiegt.“ (Johannes 16,33) Das waren Feststellungen. Jesus sprach hier von Tatsachen. Seine Worte zeugen von glasklarem Realismus und von herrlicher Hoffnung. In gewisser Weise ist es gut, Angst zu haben. Es mahnt uns zur Vorsicht, zur Aufmerksamkeit, zur Konzentration. Aber wir wissen genau so, Angst kann auch zerstören, zerrütten, aus der Bahn werfen. Jünger Jesu sind also ständig herausgefordert, weder den Bezug zur Realität, noch den Bezug zu christlicher Hoffnung zu verlieren.

Paulus schreibt in 2. Korinther 4,8-9+18: „Wir werden überall bedrängt, aber nicht erdrückt; wir kommen in Verlegenheit, aber nicht in Verzweiflung; wir werden verfolgt, aber nicht verlassen; wir werden niedergeworfen, aber wir kommen nicht um ... da wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“

Petrus schreibt in demselben Zusammenhang: „Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender (d.h. hungriger) Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann!“ (1. Petrus 5,8) Das müssen wir wissen und ernst nehmen, uns aber zugleich an die hoffnungsvolle Gewissheit halten: Dieser Feind ist von Jesus besiegt worden und in der Gemeinschaft mit Jesus können auch wir siegen. Aber, erkennen wir die Anfechtungssituationen überhaupt?

Mich hat in meinem Dienst immer wieder beeindruckt, wie ernst, anhaltend und dringlich wir für Kranke, Verunglückte, in Not geratene, für Missionare, Flüchtlinge oder Asylbewerber … gebetet haben. Es waren in aller Regel Menschen in schwierigen, bedrohlichen Lebenslagen für die anhaltend gebetet wurde. Aber irgendwann fragte ich mich: Was stellt uns vor größere Probleme: Krankheit oder Gesundheit?

1. Krankheit oder Gesundheit?

Wenn Christen krank werden, haben sie verschiedene Möglichkeiten mit dieser Situation umzugehen:

  • Sie gehen zum Arzt, lassen sich untersuchen und Medikamente verschreiben, die sie dann dankbar einnehmen. Das ist in Ordnung.

  • Sie bitten Gott um Heilung und gehen dann zum Arzt. Das ist besser. Jedoch ist hier kein Entweder-Oder angebracht, denn wir gehen davon aus, dass alle Heilung von Gott kommt, ob spontan oder durch ärztliche Kunst vermittelt.

  • Der König Asa, der uns in vieler Hinsicht als Vorbild dienen kann, wird an einem Punkt deutlich kritisiert: „Im neununddreißigsten Jahre seiner Regierung erkrankte Asa an einem Fußleiden, und zwar in sehr ernster Weise; aber auch in (dieser) seiner Krankheit suchte er nicht beim HERRN Hilfe, sondern bei den Ärzten.“ (2. Chronik 16,12)

Der Wunsch nach Heilung ist oft, je nach Leidensdruck der Krankheit, sehr groß und drängend. Aber wir müssen stets darauf achten, dass unsere Wünsche nicht gegen Gottes Willen stehen. - Als besonders mahnendes Beispiel steht mir eine Lebenssituation des Königs Hiskia, des Sohnes Asas, vor Augen. Er hatte großartiges erreicht, Reformen durchgeführt, den Angriff Sanheribs, des Königs von Assyrien abgewehrt und war danach schwer krank geworden.

Im Buch des Propheten Jesaja lesen wir dann im Kapitel 38,1-5: „Als Hiskia in jenen Tagen auf den Tod erkrankte, kam der Prophet Jesaja, der Sohn des Amoz, zu ihm und sagte zu ihm: »So hat der HERR gesprochen: ›Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht wieder gesund werden!‹« 2 Da wandte Hiskia sein Gesicht gegen die Wand und betete zum HERRN mit den Worten: 3 »Ach, HERR, denke doch daran, dass ich vor dir in Treue und mit ungeteiltem Herzen gewandelt bin und getan habe, was dir wohl gefällt!« Hierauf brach Hiskia in lautes Weinen aus. 4 Da erging das Wort des HERRN an Jesaja folgendermaßen: 5 »Gehe hin und sage zu Hiskia: ›So hat der HERR, der Gott deines Ahnherrn David, gesprochen: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. So will ich denn zu deinen Lebenstagen noch fünfzehn Jahre hinzufügen.“

Soweit so gut für Hiskia. Aber was bedeuteten diese 15 Jahre für Israel? In 2. Könige 21,1ff heißt es: „Manasse war 12 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte 55 Jahre lang in Jerusalem .. (11) Weil Manasse, der König von Juda, diese Gräuel verübt hat, die ärger sind als alles, was die Amoriter vordem getan haben; und weil er auch Juda durch seinen Götzendienst zur Sünde verführt hat, (12) darum hat der HERR, der Gott Israels, so gesprochen: ›Wisst wohl: ich will Unglück über Jerusalem und Juda kommen lassen, dass allen, die davon hören, beide Ohren gellen sollen! .. (16) Auch sehr viel unschuldiges Blut vergoss Manasse, so dass er Jerusalem damit bis oben an den Rand an füllte, abgesehen von der Sünde, zu der er Juda verführte, das zu tun, was dem HERRN missfiel.“

Wenn Hiskia Gott diese 15 Jahre nicht abgerungen hätte, wäre Manasse nicht geboren worden und damit Israel viel Kummer, Leid und die Katastrophe der Wegführung vielleicht erspart geblieben. Für Hiskia persönlich war seine Gebetserhörung wohl ein Segen, aber dachte man in Israel eine Generation später auch noch so über diese 15 Jahre? - Wäre es nicht für alle besser gewesen, Hiskia hätte sich dem Ratschluss Gottes - „bestelle dein Haus, denn du wirst sterben“ (Jesaja 38,1) - nicht widersetzt?! Stand hier nicht Hiskias verständlicher Lebenswille vor Gottes Willen?

Und obwohl Manasse am Ende seines Lebens Buße tat, konnte er damit das Unglück, welches er mit seinem sündigen Verhalten über Israel gebracht hatte, nicht ungeschehen machen. Bedenken wir: Ein früher Tod nimmt auch die Möglichkeit weiter zu sündigen.

Ich schätze, dass gesunde Menschen mehr sündigen, als Kranke, deren Lebensbereiche durch die Krankheit eingeschränkt sind. Wer benötigt also unser Fürbitte? - Beide! - Wir sollten nicht annehmen, wenn jemand gesund ist, wäre alles in Ordnung mit ihm. - Was stellt uns vor größere Probleme? Was beinhaltet die größeren Herausforderungen? - Bei all dem geht es darum, dass wir die EWIGE PERSPEKTIVE der zeitlichen vorziehen lernen! Wir stellen fest: Christen kümmern sich um ALLES Leid, das Menschen widerfährt (Armut, Naturkatastrophen, Krieg, Umweltzerstörung...), am MEISTEN jedoch um das drohende EWIGE LEIDEN der Hölle. - Was beinhaltet die größeren Herausforderungen?

2. Armut oder Reichtum?

Jesus sagte: Es ist schwer für die Reichen, in das Reich Gottes zu kommen. (Matthäus 19,23) Warum? Weil sie zu leicht in ihrem Reichtum die Erfüllung ihres Lebens sehen. Weil sie mehr und mehr auf Reichtum vertrauen, mit dem man sich scheinbar „alles“ kaufen kann. (Lukas 8,14)

Aber, ist es nicht genau so schwer für Arme, zuerst nach dem Reiche Gottes zu trachten (Matthäus 6,33)? Warum? Weil sie unter dem Einfluss unseres Zeitgeistes irdischen Reichtum für die Erfüllung ihres Lebens ansehen. Die drückende Not der Armut ist ganz offensichtlich schwer zu ertragen. Aber die Versuchungen des Reichtums, der uns scheinbar unabhängig (wovon?) macht, werden leicht übersehen und deshalb fallen ihnen besonders viele anheim.

Es ist schwer, mit dem zufrieden zu sein was wir haben. (Philipper 4,11-13) Warum ist das so? Weil Zufriedenheit immer wieder von dem Streben des Herzens nach MEHR Irdischem, Zeitlichem, Sichtbarem bedroht wird. Der natürliche Mensch interessiert sich nicht für Göttliches. Wenn ich Gott jedoch als souveränen Gott erkannt habe, dann verändert das mein Herz und meine Gesinnung. „Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben verliert?“ (Matthäus 16,26) - Was stellt uns vor größere Probleme? Was beinhaltet die größeren Herausforderungen? Nach welcher Lebensperspektive leben wir? Mose hatte z.B. die richtige gewählt! (Hebräer 11,25: „Mose wollte lieber mit dem Volk Gottes leiden, als sich dem flüchtigen Genuss der Sünde hinzugeben“ oder „..als die vorübergehenden Vorteile der Sünde zu genießen.“) In alldem sollen wir jedoch wissen, was Paulus in 1. Korinther 10,13 schreibt: „Die Prüfungen, denen ihr bisher ausgesetzt wart, sind nicht über ein für uns Menschen erträgliches Maß hinausgegangen. Und Gott ist treu; er wird euch ´auch in Zukunft` in keine Prüfung geraten lassen, die eure Kraft übersteigt, sondern wird mit der Prüfung auch den Ausweg schaffen, sodass ihr sie ertragen könnt.“ - Was fordert uns mehr heraus?

3. Gefahr oder Sicherheit?

Wenn mir Gefahr droht, kann es sein, dass ich mich hilfesuchend an Gott wende. Wenn ich in Sicherheit lebe, bin ich in unserem Land geneigt, dies als normal und selbstverständlich anzusehen. Oder wann hast du Gott zuletzt dafür gedankt, dass du in relativer Sicherheit leben kannst? Schutz und Sicherheit meinen wir unserem Rechtsstaat, der Polizei und der Feuerwehr zu verdanken. Aber sind das alles nicht nur Werkzeuge unseres Gottes, für die Ihm Dank und Anbetung gebührt?! - Was stellt uns vor offensichtlichere Probleme? Welche Lebensperspektive haben wir?

4. Schwachheit oder Stärke?

Viele Menschen fühlen sich besonders bedroht, wenn sie schwach, alt oder behindert sind. Sie denken, wenn sie stark, jung und fit wären, würden solche angstmachenden Gefühle verschwinden. Aber ist das zutreffend? - Was lässt uns eher verzweifeln? Schwachheit oder Stärke? Welche Lebenslage bietet größere Versuchungen zur Sünde für uns? Das Gefühl der Sicherheit oder das Gefühl der Bedrohung? Natürlich sind es unterschiedliche Gefahrenlagen, aber jede hat ihre Chancen und Gefahren.

Paulus gibt seine für Christen wegweisende Erfahrung weiter, wenn er in 2. Korinther 12,9: „Der Herr hat zu mir gesagt: »Meine Gnade ist für dich genügend (muss dir genügen), denn meine Kraft gelangt in der Schwachheit zur Vollendung (zu voller Auswirkung).« Daher will ich mich am liebsten um so mehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi Wohnung bei mir nimmt.“ Er hat die Chance der Schwachheit erkannt, die nicht resigniert, sondern als besondere Gelegenheit nutzt, vertrauensvoll Gottes Kraft Raum zu geben. Mit unseren „Stärken“ stehen wir zu oft Gott im Weg, wo wir Ihm doch dienen möchten. - Was stellt uns vor größere Probleme? Was beinhaltet die größeren Herausforderungen?

5. Verfolgung oder Freiheit?

Während meines Dienstes als Bibelschullehrer Ende der 90er Jahre in Kursk/Russland, hatte ich Gelegenheit über meinen Dolmetscher mit älteren Brüdern aus der Gemeinde Kursk zu sprechen. Einer berichtete mir u.a. über seine schwere mehrjährige Haftzeit in verschiedenen Arbeitslagern im fernen Sibirien. Ich werde es nie vergessen wie er seine Erzählung abschloss mit den Worten: „Ich möchte zu gern wissen, wie viele Geschwister aus Deutschland solch eine Zeit ausgehalten hätten und dem Herrn treu geblieben wären!“ - Diese Worte trafen mich und ich hatte eine Menge nachzudenken. Einige Tage später traf ich diesen Bruder wieder und sagte ihm: „Bruder, deine Frage ist berechtigt. Ich kann sie dir nicht beantworten. - Aber ich stelle dir auch eine Frage: „Wie viele eurer Geschwister würden sich in der fast totalen Freiheit des Westens bewähren, ohne den Herrn zu verleugnen?“ - Was stellt uns vor größere Probleme? Was beinhaltet die größeren Herausforderungen? Welche Lebensperspektive haben wir?

6. Fazit:

Was ergibt sich daraus für Christen? Die geschilderten Fakten könnten uns Angst einjagen und deprimieren, wenn wir nicht in enger Gemeinschaft mit Jesus, dem Auferstandenen leben und wir Sein Wort vergessen: „Ich habe die Welt überwunden!“ - „...Unser Glaube (d.h. der Herr Jesus ) ist der Sieg, der die Welt überwunden hat!“ (1. Johannes 5,4) Deshalb beachten wir Seine Anweisungen:

a) Werdet stark in dem Herrn!

Zuletzt: werdet stark im Herrn und in der gewaltigen, ihm innewohnenden Kraft. Zieht die volle Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die listigen Anläufe des Teufels zu bestehen vermögt!“ (Epheser 6,10) Allein die enge Gemeinschaft mit Jesus im Alltag ermächtigt uns, die täglichen Herausforderungen zu bestehen.

b) Darum seid wachsam!

Wir können jetzt Jesus besser verstehen, wenn Er Seine Jünger und damit auch uns mahnt: „Habt acht, wacht und betet!“ (Markus 13,33) Weil jede Lebenssituation Versuchungspotential enthält, haben wir dieses Wort Jesu besonders ernst zu nehmen. Genau darauf weist auch Paulus in 1. Korinther 16,13 hin: „Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mannhaft, werdet stark!“ Und Petrus mahnt: „Seid nüchtern und wacht! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.“ (1. Petrus 5,8) – Nur in der Gemeinschaft mit Jesus bleiben wir wach! Der Zeitgeist will uns einschläfern!

c) Betet ohne Unterlass!

Diese Aufforderung richtet Paulus in 1. Thessalonicher 5,17 an alle Christen. Da wir allzeit durch den Zeitgeist angefochten werden und wir stets vollkommen von Gottes Gnade und Kraft zum Überwinden abhängen, ist es notwendig, eine Haltung des Gebets einzunehmen, die uns ständig die Hilfe und den Beistand Gottes erbitten und erwarten lässt. Dann werden wir mehr und mehr bei allem was uns widerfährt wie die Jünger damals bekennen können: „Es .. ist genau das eingetreten, was Du in Deiner Macht vorherbestimmt hattest und was nach deinem Plan geschehen sollte.“ (Apostelgeschichte 4,28). Und es wird eintreten, was verheißen wurde: „Die Prüfungen, denen ihr bisher ausgesetzt wart, sind nicht über ein für uns Menschen erträgliches Maß hinausgegangen. Und Gott ist treu; er wird euch ´auch in Zukunft` in keine Prüfung geraten lassen, die eure Kraft übersteigt, sondern wird mit der Prüfung auch den Ausweg schaffen, sodass ihr sie ertragen könnt.“

Bitten wir täglich um geöffnete Augen des Herzens, damit wir die ganze Fülle Seines Segens noch besser sehen und fassen können! (Epheser 1,1-14) Dann geht es nicht mehr zuerst um Krankheit oder Gesundheit - Armut oder Reichtum - Gefahr oder Sicherheit - Schwachheit oder Stärke - Verfolgung oder Freiheit – Dann geht es nur noch darum, dass wir es lernen und leben, die ewige Perspektive der zeitlichen vorzuziehen! d.h. Werdet stark in dem Herrn! - Seid wachsam! - Betet ohne Unterlass! - Lobt den Herrn und Seinen heiligen Namen!

Manfred Herold