„Redet die Wahrheit!“

Epheser 4,25 - Keine menschliche Gemeinschaft kann auf Dauer ohne Wahrheit, Offenheit und Ehrlichkeit Bestand haben. Besonders gilt das für die Gemeinschaft derer, die in der Nachfolge dessen stehen, der von sich sagte: „Ich bin .. die Wahrheit..!“ Wenn er, unser Haupt, Wahrheit ist, müssen auch seine Glieder mit der Wahrheit ernst machen. Deshalb sagt uns Gottes Wort: „Legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind.“ (Epheser 4,25) Hier wird das Streben nach Wahrhaftigkeit damit begründet, dass wir zu einer Gemeinde, zum Leib Christi gehören.

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass in der Gemeinde die Wahrheit ausgelebt wird, denn es ist ein Befehl, der nicht zur Diskussion, sondern zum Gehorsam auffordert. Und wenn unser Herr sagt, dass wir die Wahrheit sagen sollen, dann bedeutet das, dass es uns auch möglich ist, die Wahrheit zu reden.

1. Was uns hindert, die Wahrheit zu sagen.

Viele Christen lassen sich davon abhalten, die Wahrheit zu sagen:

  • Weil ihnen das Schicksal ihrer Mitmenschen gleichgültig ist. Weil sie selbstsüchtig sind und ihre Ruhe haben und behalten wollen, mischen sie sich nicht ein. Sie möchten von allen wohl gelitten sein, und halten deshalb den Mund. Sie scheuen sich, Verantwortung zu übernehmen, deshalb halten sie sich aus allem heraus. Sie leben nach dem Motto: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ - Ich will aller Gleichgültigkeit und Selbstsucht absagen!

  • Weil sie Gott ungehorsam sind und sich den Menschen mehr verpflichtet fühlen als Gott. Sie fürchten die Menschen mehr als Gott. Ihnen ist der oberflächliche Beifall ihrer Mitmenschen wichtiger, als dass Gottes tief greifende, Leben verändernde Liebe zu ihrem Ziel kommt. - Ich will allem feigen Ungehorsam absagen und mithelfen, dass Gott in meinem Leben und im Leben meiner Mitmenschen zu seinem Recht kommt.

  • Weil sie Angst davor haben, die Wahrheit zu sagen. (Der andere wird beleidigt sein. Er wird sich angegriffen fühlen. Er wird nicht mehr mein Freund sein. Er wird mich falsch verstehen. Er wird meinen, das ginge mich alles gar nichts an.) - Ich will keine Angst mehr davor haben, dass man mir die Wahrheit sagt. Ich will solch eine Bereitschaft schätzen und die Wahrheit aushalten!

  • Weil sie schlechte Erfahrungen damit gemacht haben. (Das Leben ist häufig viel einfacher, wenn man nicht die Wahrheit sagt. Man kann sich viele Komplikationen ersparen, wenn man den Mund hält.) - Ich will es niemandem krumm nehmen, wenn er mir sagt, was er für die Wahrheit hält. Ich will das nicht als einen persönlichen Angriff missverstehen.

  • Weil sie nicht den Mut haben, dies zu tun. Den zweifelhaften "Mut" zu lügen, bringen viele Menschen leichter auf, als den, die Wahrheit zu sagen. („Notlüge“, sich aus der Affäre ziehen, hinter dem Rücken anderer) - Ich bitte Gott um den Mut für die Wahrheit einzutreten, auch wenn es mich etwas kostet.

  • Weil sie es nie gelernt haben, dem Nächsten die Wahrheit in Liebe zu sagen. (Was man nicht gelernt hat, kann man nicht. Wenn man es nicht übt, wird man es nie beherrschen. Wer übt, darf Fehler machen. Auch aus Fehlern kann man lernen!) - Ich will es immer besser lernen, die Wahrheit in Liebe zu sagen, so dass sie als solche erkannt und angenommen werden kann.

2. Warum wir die Wahrheit sagen sollten.

  • Weil die Wahrheit es wert ist, dass man sich zu ihr bekennt (2. Korinther 13,8). Damit meine ich nicht nur die „großen“ Wahrheiten, sondern jede. Wir können nicht sagen: „Wir lieben Jesus“, wenn wir nicht bereit sind, die Wahrheit zu sagen (1. Johannes 1,6). - Ich will immer konsequenter die Wahrheit sagen, weil ich es Jesus schuldig bin.

  • Weil jeder von uns nur dann zu einer Persönlichkeit heranreift, wenn er/sie sich an der Wahrheit ausrichtet, sie festhält, sagt und tut. Unaufrichtigkeit, Unwahrhaftigkeit und Lüge strafen sich, wie jede Sünde, selbst. („Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht.“) Dieses hin und her schwanken zerrüttet unsere Persönlichkeit und verhindert, dass wir für Gott unseren Mann/Frau stehen lernen. - Ich will immer konsequenter die Wahrheit sagen, weil ich es mir selbst schuldig bin.

  • Weil uns die Liebe zu unserem Nächsten dazu verpflichtet. Deshalb sagen wir ihm/ihr, was ihm/ihr sonst niemand zu sagen wagt, obwohl es allen möglichen Menschen auf die Nerven geht. Wir sollten endlich damit aufhören, nur hinter dem Rücken bestimmter Menschen die Wahrheit über sie zu sagen. - Ich will immer konsequenter die Wahrheit sagen, weil ich es meinem Nächsten schuldig bin.

  • Weil uns die Liebe zur Gemeinde dazu verpflichtet. Denn wenn wir uns weigern z.B. einem Mitglied in Liebe die Wahrheit zu sagen, verweigern wir damit der Gemeinde einen wichtigen „Aufbaudienst“. Wir machen uns mitschuldig an Sünden, die durch unser Schweigen dem Bruder/Schwester vielleicht nie bewusst und deshalb auch nicht abgestellt werden. - Ich will immer konsequenter die Wahrheit sagen, weil ich es meiner Gemeinde schuldig bin.

  • Weil uns die Liebe zu Gott dazu verpflichtet. Wenn wir Gott lieben, dann können wir seine Wahrheit, sein Evangelium, seine Absichten, seinen Willen, seine Ziele nicht verschweigen. Auch wenn sie unbequem sind, oder von den Zuhörern nicht gern gehört werden. Es geht um mehr, als um menschliche Zustimmung oder Ablehnung. Die Liebe Gottes erreicht den anderen in der Wahrheit Gottes und die Wahrheit Gottes offenbart ihm die Liebe Gottes.- Ich will immer konsequenter die Wahrheit sagen, weil ich es meinem Gott schuldig bin.

  • Jeder prüfe dabei seine Motive, weshalb er jemandem „die Wahrheit“ sagt. Tue ich es nur, um „einmal ordentlich Dampf abzulassen“? Damit ich mich wieder besser fühle? Dass sie/er endlich einmal hört, wie er/sie wirklich ist? Damit er/sie einmal klar sieht, wie sehr er/sie anderen auf den Wecker geht? - Das mögen zwar in den Augen vieler Zeitgenossen berechtigte Motive sein, sie sind aber von der Bibel her keine ausreichenden Gründe, jemandem die Wahrheit zu sagen. Wir sagen einander die Wahrheit, weil wir Jesus und weil wir einander verpflichtet sind. Er möchte uns in und durch seine Gemeinde zu Persönlichkeiten formen, die als Zeugen in unserer Welt bestehen können. „Bin ich also euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit sage?“ Galater 4,16

3. Wie wir die Wahrheit sagen sollten.

Vor allem müssen wir beachten: Unsere Beziehungen zueinander sollten so stark und tragfähig sein, wie die auszusprechende Wahrheit schwerwiegend ist, damit das Unternehmen „Wahrheit sagen“ Aussicht auf Erfolg hat.

Viele wollen in bester Absicht jemandem die Wahrheit sagen, haben aber nie eine intakte Beziehung zu dem betreffenden Menschen aufgebaut und wundern sich dann, warum es nicht gelingt. Jeder, dem die Wahrheit gesagt wird, sollte sicher sein können, dass er nicht bloßgestellt werden soll. Bei allem Bemühen um die Wahrheit, sollte Liebe, Annahme, Akzeptanz unsere Beziehung bestimmen.

Einige praktische Tipps:

  • Prüfe dich: Neige ich eher dazu, jemandem die Wahrheit ohne einfühlsame Liebe zu sagen? Oder folge ich eher einem Harmoniebedürfnis und verschweige die Wahrheit „um der Liebe willen“? Arbeite an deinen Schwachstellen! („Bemühe dich darum, die Wahrheit so zu sagen, dass dein Gegenüber nicht verletzt wird.“)

  • Wenn du den Eindruck hast, ein solches Gespräch führen zu sollen, überschlafe diesen Entschluss und bereite ein solches Gespräch betend vor. Frage Gott, ob er tatsächlich durch dich diese Sache zur Sprache bringen will oder durch einen anderen. Frage dich: Ist es meine Aufgabe, meine Verantwortung? Wenn nicht, dann sprich mit denen, die dafür die Verantwortung tragen.

  • Gewöhne es dir an, in solchen Gesprächen Fragen zu stellen, statt Behauptungen von dir zu geben. Bitte in schwierigen Situationen jemanden als „Dolmetscher“ um Hilfe.

  • Wenn du der Hörer bist, dann versuche nicht so sehr auf die Form, die dir vlt. nicht gefällt, zu reagieren, sondern auf den Inhalt, der u.U. eine für dich wichtige Wahrheit enthält.

  • Vielen Christen ist ihre Art zu hören zum Problem geworden. Bestimmte Begriffe oder Themen sind für sie zu regelrechten Reizthemen geworden. Sie nehmen sie so übertrieben wahr, dass sie den Zusammenhang oder die Gesamtaussage manchmal gar nicht mehr richtig verstehen, weil sie innerlich zu sehr auf DAS Thema fixiert sind. Sie sind in der Regel natürlich der Meinung, der Redner habe etwas Falsches gesagt und erkennen nicht, dass ihr Hören nicht mehr die Realität wiedergibt.

  • Nimm' was dir gesagt wird nicht persönlich. Selbst wenn man es so gemeint haben sollte, „prüfe ALLES und das Gute behalte“. Das gilt auch hier. Unsere Unsachlichkeit rührt in vielen Fällen von der Gefangenschaft in uns selbst her. Ich beziehe alles auf mich, fühle mich ständig persönlich angegriffen und getroffen, wo es doch eigentlich nur um das sachliche Für und Wider geht.

Der geistlich lebende Mensch ist der wirklich sachliche Mensch, weil er durch Jesus schon ein Stück weit von seiner Ichhaftigkeit befreit worden ist. Wir stehen ja nicht mehr in der Mitte unseres Lebens, sondern unser Herr und über ihn unsere Schwestern und Brüder. Das Leben mit Jesus ist die einzigartige Möglichkeit, den Menschen von der Ichhaftigkeit zur Sachlichkeit zu bringen.


Manfred Herold


Manfred Herold