Jesu Auftrag – unsere Verpflichtung

An einer gefährlichen Küste befand sich eine kleine, armselige Rettungsstation. Es war nur eine Hütte, dazu gehörte ein Boot. Einige Freiwillige versahen treu ihren Wachdienst und wagten sich, oft unter Einsatz ihres Lebens, hinaus auf das wilde Meer, um Schiffbrüchige zu bergen.

Viele wurden gerettet, die Station wurde bekannt. Gerettete und Leute aus der Umgebung unterstützten die Arbeit. Neue Boote wurden gekauft, neue Mannschaften geschult. Die Station wuchs und gedieh. Einigen Gönnern gefiel das ärmliche, schlecht ausgerüstete Gebäude nicht mehr. Man benötige einen komfortableren Ort als Zuflucht für die Geretteten. So baute man ein festes Haus und stattete es mit besserem Inventar aus.

Bald erfreute sich die Rettungsstation bei den Männern der Umgebung als Treffpunkt großer Beliebtheit. Man richtete sich noch etwas gemütlicher ein und baute sogar ein Clubhaus an die Rettungsstation an. Man gründete einen Gesangverein und richtete einen Jugendclub ein. Aber eigenartig: Immer weniger Freiwillige waren bereit, mit auf Bergungsfahrt zu gehen. So heuerte man für gutes Geld eine ausgebildete Besatzung für die Rettungsboote an.

Kurze Zeit danach scheiterte vor der Küste ein großes Schiff und die Boote brachten eine Ladung frierender, schmutziger, durchnässter, halb-ertrunkener Menschen nach der anderen an Land. Im Clubhaus herrschte Chaos. Der Vorstand ließ nach seiner nächsten Sitzung gleich Duschkabinen im Freien aufstellen, damit man die Schiffbrüchigen vor dem Betreten des Clubhauses gründlich säubern konnte.

Bei der nächsten Mitgliederversammlung kam es zu Auseinandersetzungen. Ein Antrag wurde gestellt, den Rettungsdienst einzustellen, er störe nur den normalen Clubbetrieb. Einige vertraten die Auffassung, Lebensrettung sei doch ihre vorrangige Aufgabe. Sie wurden überstimmt. Man teilte ihnen mit, dass sie, wenn ihnen das Leben dieser Schiffbrüchigen so wichtig sei, ja woanders eine Station aufmachen könnten, nur solle man sie hier bitte in Ruhe lassen. Das taten sie dann auch.

Die Jahre vergingen, die neue Station wandelte sich genau wie die erste. Wenn man heute die Küste besucht, findet man längs der Uferstraße eine ganze Reihe exklusiver Clubs. Immer noch wird die Küste vielen Schiffen zum Verhängnis, nur - die meisten Schiffbrüchigen ertrinken.

Hat die Gemeinde Jesu Christi weltweit, haben wir unsere ursprüngliche Aufgabe eigentlich noch klar vor Augen und fest im Herzen? In mancher Hinsicht kann ich auch bei uns den Trend von der „Rettungsstation“ zum „exklusiven Club“ wahrnehmen. Haben wir doch einmal den Mut, die ursprünglichen Absichten Jesu mit unseren aktuellen Gegebenheiten zu vergleichen! -- Matthäus 28,18-20: „Jesus...sprach: Mir ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was Ich euch befohlen habe. Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!“

1. Der Auftrag Jesu - unser vollkommenes Vorbild

Als Jesus auf diese Erde kam, trat die große, menschheitsumfassende „Rettungsaktion“ Gottes in ihr entscheidendes Stadium. Jesus war nach eigenen Aussagen nur zu einem einzigen Zweck gekommen: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist!“ (Lukas 19,10) Er kam als DER RETTER! Und alle die Er rief, sollten in der Gemeinschaft Jesu das werden, was der Meister war („...jeder (Jünger) wird, wenn er völlig ausgebildet ist, immer nur wie sein Meister sein.“ Lukas 6,40)! Die Zwölfe verließen alles und folgten Jesus als Seine Schüler in Seinen Retter-dienst.

Das Prinzip lautete: „..ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit ihr es ebenso macht, wie ich an euch getan habe.“ (Johannes 13,15) Das heißt also: Gemeinschaft MIT Jesus, Unterweisung DURCH Jesus (hören-verstehen-lernen-erinnern-anwenden), praktischer Gehorsam FÜR Jesus! Er lebte ihnen ein Gott wohlgefälliges Leben vor und durch Seine Unterweisung und Sein Vorbild lernten sie. Für Ihn gab es Sein Leben lang nie etwas Wichtigeres als den Vater durch die Rettung Verlorener zu ehren.

Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrierte sich Jesus ganz und gar auf die Schulung von 12 Männern, 3 Jahre lang, rund um die Uhr. Er organisierte nicht eine Massenveranstaltung nach der anderen. Qualität war Ihm wichtiger als Quantität. Die Jünger, d.h. diejenigen, die bei Ihm und von Ihm gelernt hatten, sollten, wenn Er nicht mehr bei ihnen sein würde in der Lage sein, den weltweiten Dienst der Rettung weiterzuführen. Das war Sein großes Anliegen. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende Ich auch euch.“ (Johannes 20,21).

Mit unendlicher Geduld überwand Jesu Liebe die harten, egoistischen, hochmütigen, begriffsstutzigen Herzen Seiner Nachfolger und machte Jünger aus ihnen. Sein Leben endete damit, dass Er in einer alle Menschen aller Zeiten umfassenden Rettungsaktion Sein eigenes Leben dahingab, um uns vor dem ewigen Verderben zu retten. Aber weil dies in Wahrheit des Vaters Werk war, wurde der Sohn auferweckt und gab Seinen Jüngern als letztes Vermächtnis diesen Auftrag: Matthäus 28,18f.

Seit dem war es die brennende Wunsch echter Jünger, das Werk ihres Meisters fortzuführen („Wir können unmöglich verschweigen, was wir gesehen und gehört haben!“ Apostelgeschichte 4,20). Das bedeutete: Seinen Herzenswunsch der Rettung durch das Jünger-machen zu erfüllen. „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden (Rettung) und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (Jüngerschaft)“ (1. Timotheus 2,4).

Bald waren überall in der damals bekannten Welt „Rettungsstationen“ (= Gemeinden) entstanden und Menschen wurden gerettet, getauft und indem man sie unterwies, zu Jüngern (= Menschenfischern) gemacht, die sich ihrerseits am Werk der Rettung beteiligten.

Hast du auch dieses Verlangen? Willst du das auch lernen? Ist Jesu Herzenswunsch dein Herzenswunsch? Liebst du Jesus überhaupt?

2. Der Auftrag Jesu - seine traurigen Verkürzungen

Kann es bezüglich unseres Auftrags, angesichts des klaren Vorbilds und der eindeutigen Anweisungen Jesu eigentlich noch Unklarheiten geben? - Es ist notwendig, dass wir hinter den Verdrehungen, Verkürzungen und der Ignoranz dem Auftrag Jesu gegenüber, den Widersacher am Werk sehen. Er hat nichts gegen ein frommes „Clubleben“, aber sehr viel gegen die „Rettung“ von Menschen aus seinem Machtbereich und noch mehr dagegen, dass sie anschließend wirkliche „Jünger“, d.h. Menschenfischer werden.

Wie sieht es denn heute in den „Rettungsstationen“ aus? Sehr viele der „Geretteten“ sind nur noch „Clubmitglieder“, wobei manche noch nicht einmal mehr ihren „Clubbeitrag“ zahlen, der es einigen „Unentwegten“ ermöglicht, so gut sie können, den Retter-dienst zu tun. Das „Rettungswesen“ wird einigen Spezialisten überlassen. Die meisten Geretteten haben ihrerseits noch nie einen einzigen „Verlorenen“ gerettet, geschweige denn zu einem „Jünger gemacht“. Ja sie wüssten noch nicht einmal, wie das geht. Die Aktivitäten in der „Rettungsstation“ drehen sich mehr um die Fragen, Probleme, Anliegen, Wünsche und Bedürfnisse der Geretteten, als um die der noch zu Rettenden.

Die Gefahr, in der sich die Unerretteten befinden, ist nur wenigen Christen wirklich bewusst. Deren Not und die Liebe zu ihnen, so wie sie unser Meister hatte, treiben nur sehr wenige zur Tat („Denn die Liebe Christi drängt uns...“ 2. Korinther 5,14f).

Wir haben den denkbar besten Lehrmeister. Wie haben wir unsere Lehre als Jünger absolviert? Gute Schüler (=Jünger) ehren ihren Lehrer durch gute Leistungen. Wie viele Menschen hast du schon „gerettet“ und „zu Jüngern gemacht“? Das heißt: Wie viele Menschen hast du schon zu Jesus geführt und sie anschließend dann so trainiert, dass sie ihrerseits wieder andere zu Jesus führen konnten??

Manche Christen meinen, wenn sie einmal ihr Zeugnis gegeben haben, hätten sie schon das Evangelium weitergesagt und ihre Aufgabe sei erfüllt. Stimmt das? War es das, was Jesus mit dem „macht zu Jüngern“ meinte? NEIN! - Andere sehen ihren Dienst dann getan, wenn sich Menschen bekehrt haben und durch die Taufe der Gemeinde hinzugetan wurden. Sind das denn dann schon „Jünger“? NEIN! - Auch jemand, der regelmäßig zu Gottesdiensten, Bibel- und Gruppenstunden geht, ist deshalb noch nicht automatisch ein Jünger, d.h. ein Lernender.

Ich fürchte, dass die Zahl der Christen, die ihrem Herrn in diesem Punkt schon tatsächlich gehorsam gewesen ist, erschreckend klein ist. Wie steht es mit dir?

3. Der Auftrag Jesu - die heutige Aktualität

Gerade hinsichtlich des Auftrags Jesu und seiner Durchführung muss unter uns Christen heute ein radikales Umdenken vor sich gehen (Römer 12,2). Es muss unter uns unbedingt wieder zu einer gelebten Überzeugung werden, dass wir als Gerettete nur noch zu EINEM EINZIGEN ZWECK auf dieser Erde sind: Nicht um Karriere zu machen, nicht um möglichst viel Geld zu verdienen, nicht um gesellschaftliches Ansehen zu bekommen, nicht um erfolgreich, glücklich und froh zu sein..., sondern um Verlorene zu retten und sie dann zu Jüngern zu machen. Wer das versäumt, hat als Christ vergeblich gelebt: „Denn wenn ich das Evangelium verkündige, so ist das kein Ruhm für mich; denn ich bin dazu verpflichtet, und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündigen würde!“ (1. Korinther 9,16).

Lassen wir uns zu Jüngern machen und verhelfen wir anderen dazu, es zu werden?! Jesus muss sich oft wohl so vorkommen, wie jener Mann, der den Installateur bestellt hatte, mit dem Auftrag, die Wasserleitung in seiner Küche zu reparieren. Nachdem er ihm die Örtlichkeit gezeugt und alles erklärt hatte, ging er ins Büro, um zu arbeiten. Als er am Abend wieder nach Hause kam, war sein Erstaunen grenzenlos. „Was machen sie denn hier? Sind sie verrückt geworden? Wer hat sie denn das geheißen?“ - „Nun regen sie sich mal nicht auf“, antwortete der Installateur, „man kann doch deutlich sehen, dass die Küche dringend frisch tapeziert werden musste und so dachte ich: mach dich an die Arbeit, wenn du schon mal hier bist!“ - Heute wird in der Gemeinde Jesu vieles gemacht, was uns Jesus niemals geheißen hat (….), aber das, was Er uns auftrug, tun die meisten Christen nicht.

Vermag uns unsere Verantwortung noch zu beunruhigen? Wir brauchen heute Multiplikatoren, d.h. Menschen, die wie Paulus und Timotheus den Auftrag Jesu ernst nehmen und in die Tat umsetzen („..was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das vertraue treuen Menschen an, die fähig sein werden, auch andere zu lehren.“ 2. Timotheus 2,2). Das ist ein Befehl! Nur auf dem Weg des „Jünger-machens“ können wir heute den Rettungsauftrag Gottes ausführen. Jünger-machen ist unser aller Auftrag!

Denn Zeugnis geben, Evangelisationen, Straßeneinsätze, Traktatverteilungen sind wohl oft der wichtige erste Schritt auf den Verlorenen zu, aber durch solche Aktionen haben wir unseren Auftrag noch nicht erfüllt. Wir haben unser Ziel noch nicht erreicht, wenn sich einzelne Menschen bekehren! Dann fängt die Arbeit des „Jünger-machens“ in einem gewissen Sinne erst an. Das setzt ständige Lern- und Lehrbereitschaft bei jedem von uns voraus. Muss der Herr auch über uns klagen: „Denn obgleich ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise.“ (Hebräer 5,12) - Hier gibt es Arbeit genug für alle!

4. Der Auftrag Jesu - seine unglaublichen Auswirkungen

Wenn du ein begabter Evangelist wärst und in der Kraft des Heiligen Geistes jeden Abend jeden Jahres 1000 Menschen für Christus gewinnen würdest, wie lange brauchtest du, um die ganze Welt für Christus zu gewinnen? ca. 10 000 Jahre, die Bevölkerungsexplosion nicht mitberücksichtigt.

Aber wenn du als Jünger Jesu jedes Jahr eine Person für Christus gewinnen und diese dann ausbilden würdest, damit auch sie jedes Jahr eine weitere Person gewinnen und trainieren kann, du selbst ebenfalls fortfährst, das zu tun, - wie lange würde es dann dauern, bis die ganze Welt für Christus gewonnen ist? - Nur 32 Jahre! Gemeinden, welche dieses Prinzip der Jüngerschaft anwenden, wachsen weltweit rapide.

Lassen wir uns nicht einreden: „Das geht nicht!“ - ehe wir es nicht wenigstens im Vertrauen auf Gott versucht haben! - Sagen wir nicht: „Das ist undurchführbar!“ - Nur weil wir vielleicht nicht bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen. Halten wir uns vor Augen: Ich rufe hier nicht zu etwas Neuem, Besonderen, Revolutionärem auf, sondern zu dem, was für Christen das Normalste in der Welt sein sollte: Verlorene zu retten und diese dann zu Jüngern zu machen!

Was uns unser Herr befiehlt, dazu gibt Er auch die Kraft! Sage nicht: Ich habe keine Zeit! Manchmal fehlt uns die Zeit für das Wichtigste, weil wir alles mögliche tun, nur nicht das, was Jesus uns aufgetragen hat. Der Herr selbst wird für Zeit sorgen, wenn wir uns Seinen Zielen verschreiben.

Obwohl Christus das vollkommene Vorbild eines gesunden, normalen Menschen war, führte Er doch kein normales Leben. Er verzichtete auf viele reine Freuden, um Sich dem heiligen Werk unserer Rettung aus der Sünde zur Ehre des Vaters zu weihen.

Wir wollen bekennen, dass Anderes uns oft wichtiger war. Wir wollen Jesus sagen, dass wir auf uns gestellt, das nicht können und niemals wollen und können werden. Wir wollen Ihn bitten, dass Er uns durch Seinen in uns wohnenden Heiligen Geist dahin führt, das aus Liebe zu Jesus zu wünschen und in kleinen Schritten zu tun. Solch ein Gebet wird Er, wenn es dir ernst ist, sicher erhören.

Manfred Herold

Manfred Herold