Geringfügige Abweichungen

Letztens las ich von einer jungen Studentin, die blind war. Ihre Blindheit war auf ein, wie es in dem Bericht hieß, „geringfügiges Versehen“ der Säuglingsschwester nach der Geburt zurückzuführen.

Ich überlegte, - „geringfügig“ stand da in dem Artikel, - technisch gesehen mochte das vielleicht stimmen, aber welch enorme Auswirkungen hatte diese „geringfügige Abweichung“ auf das Leben dieser Studentin.

Auch im Leben von Christen haben kleine Ursachen oft große Wirkungen. Deshalb ist es wichtig, auch auf die Kleinigkeiten in unserem Leben zu achten, denn unversehens können sie zu Weichenstellungen für unsere Zukunft werden.

1. Unser Leben verlangt Genauigkeit

Wo wir auch hinschauen haben kleine Dinge große Auswirkungen. Ein Ingenieur, der eine Brücke baut, muss sicherstellen, dass der verwendete Zement genau die richtige Mischung und die Trägerkonstruktion exakt die richtige Statik hat. - Ein Chirurg muss jede kleine Bewegung, die er mit seinen Instrumenten macht sorgfältig bedenken. - Für einen Landwirt ist sowohl hinsichtlich des Pflanzens, als auch hinsichtlich der Ernte der rechte Zeitpunkt von ausschlaggebender Bedeutung. - Ein Computerfachmann kann durch einen einzigen kleinen Tastendruck ein großes Chaos anrichten. - In all diesen Bereichen ist Genauigkeit gefragt.

Du sagst vielleicht: „Wir leben eben in einer hochtechnisierten Zeit, die äußerste Genauigkeit erfordert!“ - Aber sind wir in der Anwendung dieses Prinzips auch wirklich konsequent? Mir erscheint das bei vielen Zeitgenossen nicht der Fall zu sein.

Denn während der moderne Mensch davon überzeugt ist, dass die äußeren Abläufe des Lebens sehr präzise ablaufen müssen und eindeutige Regeln zu beachten sind, damit das Leben gelingt, wird die Notwendigkeit der Präzision bei inneren Lebensabläufen verneint.

Genauer gesagt, man hat gewisse Bereiche völlig ausgeklammert, indem man behauptet, exaktes Vorgehen sei da nicht möglich und deshalb nicht nötig. In der Technologie respektieren und verlangen wir äußerst genaues Vorgehen. Wo es aber um Fragen der Lebensanschauung und Lebensgestaltung des Menschen geht, da ist unsere Gesellschaft von einer gefährlichen, leichtfertigen „Wie-es-dir-gefällt“ - Mentalität durchsetzt.

Weil Philosophie und Theologie zur Kategorie der inneren Lebensabläufe gezählt werden, handhaben sie die meisten Menschen sehr locker, ja geradezu willkürlich. „Das ist Privatsache. Das sind doch NUR Theorien. Was wirklich zählt, ist das Leben, nicht die Ideologie. Jeder soll denken und glauben was er will.“ So hört man es heute überall und jeder scheint dem zuzustimmen.

Dahinter steckt jedoch die Überzeugung, dass es keine wirklichen Normen gibt, keine Leitlinien, welche die persönliche Lebensgestaltung befriedigend regeln könnten. Und weil es keine verbindlichen Eckdaten gibt, muss eben jeder zusehen, wie er durchs Leben kommt. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden!

Auch Christen sind von dieser Denkweise längst stärker beeinflusst, als es die meisten wahrhaben wollen, obwohl sie vielleicht noch lautstark das Gegenteil behaupten. Denn es ist eine erwiesene Tatsache, dass es die theoretischen Denkmuster sind, die auf lange Sicht den Alltag bestimmen, ganz gleich ob sie von der Masse der Menschen verstanden wurden oder nicht.

Sollte der Gott, der die Abläufe des physischen Lebens so exakt festgelegt hat, nicht auch das geistliche Leben genau geordnet haben?

2. Gott liebt die Genauigkeit

Das können wir ohne Mühe an Beispielen aus der Schöpfung ablesen: „Die Erde,“ so sagte der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz schon vor 300 Jahren, „ist die beste aller möglichen Welten.“ Diese Aussage ist keineswegs überholt, sondern wir können sie im Gegenteil heute mehr denn je als absolut zutreffend bestätigen:

  • Die Erde hat den richtigen Abstand zur Sonne. 150 Mio. km sind genau der richtige Abstand angesichts der Temperatur der Sonne.

  • Die Erde hat exakt die richtige Umdrehungsgeschwindigkeit. Wenn sie auch nur etwas anders wäre, dann würden extreme Temperaturschwankungen die Erde unbewohnbar machen.

  • Die Erde hat die auf unseren Lebenszyklus optimal abgestimmte Länge eines Jahres. Könnten wir uns ein Erdjahr von 84 Jahren wie auf dem Uranus oder von 88 Tagen wie auf dem Merkur vorstellen?

  • Die Erdachse hat genau den richtigen Neigungswinkel. Die Rotationsachse von 23 ½ Grad ermöglicht den ausgleichenden Wechsel der Jahreszeiten.

  • Die Erde hat die richtige Masse und Größe. Die beiden Werte sind so aufeinander abgestimmt, dass eine Atmosphäre an der Oberfläche der Erde festgehalten werden kann.

  • Die Zusammensetzung der Atmosphäre auf der Erde ist einmalig. Sie hat exakt die nötige Dichte, die notwendige Ozonschicht, der Mond ist genau richtig groß.

  • Das wichtigste Kennzeichen der Erde: sie ist ein nasser Planet. Wasser bildet die entscheidende Grundlage jeder Art von Leben.

Bereits jede einzelne Feststellung ließe unsere Erde als einzigartig erscheinen. Das Bemerkenswerte aber ist, dass alle zusammengenommen gerade auf unserem Planeten gefunden werden. „Geringfügige Abweichungen“ hätten verheerende Auswirkungen.

HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104,24) Für wen hat Gott denn alles so weise geordnet? Für sich selbst oder für uns Menschen!? Gott liebt die Genauigkeit nicht um ihrer selbst willen, noch um seinetwillen, sondern um unseretwillen!

Wenn Gott schon die natürliche Welt mit einer solchen Exaktheit konstruiert hat, würde er dann weniger Wert auf Präzision legen, wenn es um die Krone der Schöpfung, um den Menschen selbst geht?

Mit welcher Akribie und Ausdauer erforscht der Mensch die von Gott in der Schöpfung niedergelegten Naturgesetze! Wie bemüht man sich darum, sie nachdem sie erkannt wurden, exakt anzuwenden. Aber wie oberflächlich gehen dieselben Menschen mit den das Innenleben der Menschen betreffenden Grundordnungen Gottes um. Wie beleidigend ignoriert man sie, als wären sie im Gegensatz zu den Naturgesetzen minderwertig oder unwichtig. Aber sie kommen von demselben Gott. Sie sind genau so exakt und für den, der sie anwendet, genau so hilfreich.

3. Gott gibt zuverlässige Weisungen

Gottes Willen für den Menschen können wir in der Bibel finden. Die dort niedergelegten Weisungen und Gebote sind, wo sie nicht vom Worte Gottes selbst als zeit-bedingt bezeichnet werden, genau so zeitlos gültig, wie die Naturgesetze. Deshalb sollten wir sie als Einheit gelten lassen und nicht herauszufiltern versuchen, was uns gerade gefällt.

Im Übrigen erkenne ich in vielen Situationen in den Naturgesetzen sogar den Willen Gottes. Beispielsweise wird sich niemand von uns hinsetzen und anfangen zu beten: „Herr offenbare mir doch bitte, was passiert, wenn mir dieses Buch aus der Hand fällt!“ Wir wissen durch die Kenntnis der von Gott gegebenen Naturgesetze, dass es zu Boden fallen wird und wir nehmen diese Wahrheit als eine Art Offenbarung Gottes ernst. Wir wissen weiter, dass die Naturgesetze selbst dann wirksam sind, wenn ich auch nicht daran glaube. Hier erweist es sich, dass „der Heilige Geist der beste Freund des gesunden Menschenverstandes ist“ (K. Barth). Nehmen wir das wirklich und in jedem Fall ernst?

Zum Beispiel Zigaretten: Da heute genaue Untersuchungsergebnisse vorliegen, die zeigen, wie ungesund und schädlich das Rauchen ist, muss man doch gar nicht mehr fragen, ob Rauchen Sünde sei oder nicht. Es ist auch ohne Erleuchtung von Gott klar, dass es dumm (weil es uns selbst kaputtmacht) und unverantwortlich ist (weil es die Gesellschaft belastet), zu rauchen.

Und diese Gesetze wirken, ob wir an ihre Wirksamkeit glauben oder nicht. Zigaretten schaden deiner Gesundheit, ob du es glaubst oder nicht. Gottes gute Ordnungen fördern das Leben, ob du es glaubst oder nicht. Christen werden Christus dadurch ehren, dass sie sich von allen Gebundenheiten befreien lassen.

Wir wissen, dass Gott, der die Natur so wunderbar erschaffen hat, auch für das menschliche Zusammenleben gute, hilfreiche, genaue, zeitlos gültige und praktikable Anweisungen gab.

Zum Beispiel hat Gott in seinem Wort Hinweise dafür gegeben, wie Freundschaften gestaltet werden sollen. Forsche nach, finde sie heraus, wenn du leben und gute Tage sehen möchtest!

Herr, wie kann ein junger Mensch leben, ohne schuldig zu werden? Indem er sich nach deinen Geboten richtet.“ (Psalm 119,9) Auch für die Ehe sind klare, zeitlos gültige Eckpunkte zur Orientierung gegeben worden (Vater/Mutter verlassen, eins werden, ein Leben lang). Auch bezüglich der Familie und Kindererziehung sagt Gottes Wort viel Wichtiges und Hilfreiches (Vater/Mutter ehren, Kinder mit Liebe und Strenge zum Gehorsam erziehen, Warmherzigkeit und Konsequenz vorleben, mit Grenzen leben lernen). Oder wie wir mit materiellen Gütern richtig umgehen sollen (Geldliebe DIE Wurzel allen Übels). Wenn du schlecht über die Familie Gottes redest, dann lässt Gottes Wort keinen Zweifel aufkommen, dass dies dem Vater nicht gefällt. - Merken wir uns: Jede auch noch so geringe Abweichung von dem Wort Gottes hat fatale Folgen!

Lieben wir Gott, der uns seine guten Weisungen gab, wirklich? Oder tun wir nur so? Tun wir nur so, als ob uns Gottes Wort wichtig wäre? Tun wir nur so, als ob wir ernsthaft gehorchen wollten? Tun wir nur so, als ob wir es wirklich glauben, was Gottes Wort sagt?

Jede geistliche Wahrheit haben wir nur in dem Maße wirklich begriffen, wie sie in unserem Alltag zum Ausdruck kommt. Man kann viel über die Bedeutung und die Wichtigkeit von Glaube, Liebe, Hoffnung, Bibel, Gebet, Mitarbeit, Treue, Zehnten geben wissen und reden, predigen oder singen - allein unser tägliches Leben zeigt zuverlässig, was wir davon wirklich glauben. Was du wirklich von Gottes Weisungen hältst, darüber entscheidet nicht, was du hier im Gottesdienst sagst oder betest, sondern was du in der Woche tust, wenn du mit deinen Freunden zusammen bist und dich niemand aus der Gemeinde sieht.

Wir müssen uns entscheiden, was wir wirklich wollen. Wirklich wollen werden wir jedoch nur das, was wir lieben. Letztlich entscheidet unsere Liebe über unser Leben. Wen lieben wir? Ist es wirklich Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes?

Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht verspotten! Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“ (Galater 6,7)

Manfred Herold



Manfred Herold