In Schwachheit stark!

Heute sind „Winnertypen“ gefragt. Ihnen gelingt alles, so heißt es. Sie haben entweder schon alles oder bekommen es demnächst. Sie kennen keinen Misserfolg, keine Schwachheit, Armut und Krankheit. Sie haben es geschafft.

Das ist der Trend unserer Zeit. Auch wir Christen sind von diesem Erfolgsfetischismus beeinflusst und manche machen sich dieses Erfolgsdenken auch als Christen zu eigen. (Fromme Buchtitel) – Aber, wir wissen es, - die Realität sieht ganz anders aus.

Die Bibel macht uns dagegen nichts vor. Wenn wir sie im Zusammenhang studieren, fällt uns auf, dass weder Jesus noch die Apostel solche Erfolgstypen waren. Paulus schreibt z.B. im 2. Korintherbrief wohl von großen Offenbarungen die er erhielt, aber auch von schweren Prüfungen, die ihn körperlich stark beeinträchtigten. Mehrfach hatte er Jesus angefleht, ihn von diesem Leiden zu befreien. Doch es geschah nicht. Er bekam nur Aufschluss über den Grund dieser Lebenshemmung: Die Stärke Gottes erweist sich in der menschlichen Schwachheit. Und so schrieb Paulus den provokanten Satz: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2. Korinther 12,10)

Unser Verstand protestiert gegen solch eine verrückte und unlogische Feststellung. Und doch bringt sie, recht verstanden, eine der tiefsten Wahrheiten des christlichen Glaubens zum Ausdruck.

1. Wir möchten alle gern reich und stark sein.

Jeder, der sich solche Ziele steckt, konzentriert sich dabei bewusst oder unbewusst so völlig auf sich selbst, dass er weder ein Auge für seinen Nächsten, noch für seinen Gott hat. Das ist eine wesentliche Ursache für den wachsenden Egoismus in unserer Gesellschaft.

Aber da ich mich so gern vom schönen äußeren Schein gefangen nehmen lasse, weil ich mir wünsche, dass er wahr wäre, nehme ich mit der Zeit das, was nicht ins Bild passt, nicht mehr wahr. Die Folge ist: Ich lebe zufrieden in einer Traumwelt und hoffe, dass es ewig so weitergeht. Ich bilde mir ein: Alles läuft hervorragend. Ich habe alles unter Kontrolle.

Aber es passiert immer wieder: Scheinbar topfitte Leistungssportler brechen plötzlich tot zusammen, weil man versteckte Herzprobleme nicht erkannt hatte. Liebe Menschen in meiner Nähe, die sich gestern noch ihres Lebens freuten, müssen sich heute mit großen Problemen am Arbeitsplatz, in der Kindererziehung oder mit einem Verkehrsunfall herumschlagen und sind absolut hilflos.

Ja, Gott lässt Ereignisse zu, die uns an Grenzen führen, wo wir schmerzlich erkennen müssen, was wir NICHT alles können, wo wir einsehen müssen, dass wir schwach sind und wesentliche Dinge im Leben nicht beeinflussen können. Personen in solchen Situationen meinte Jesus, als er sagte:

Gesunde Menschen brauchen keinen Arzt, aber die Kranken.“ (Lukas 5,31) Er will damit sagen: Du magst der beste Arzt Lübecks sein, solange ich der gesündeste Mensch Lübecks bin, brauche ich dich nicht. Nur wenn ich als Schwerkranker zu dir komme, kannst du deine ärztlichen Qualitäten unter Beweis stellen. Aus demselben Grund gratulierte Jesus den Armen (Matthäus 5,3), denen, die nichts haben, denn nur in ihrem Leben kommt sein Reichtum voll zur Geltung. Er sucht sich noch heute die mit den denkbar schlechtesten Voraussetzungen aus, um seine Möglichkeiten überzeugend zu demonstrieren.

Wenn du also mit deiner Sündhaftigkeit, deinen Mängeln und deinem Unvermögen konfrontiert wirst, dann bist du nach Jesu Meinung nicht zu bedauern, sondern im Gegenteil zu beglückwünschen. Du erfüllst dann nämlich die vielleicht wichtigste Voraussetzung, die es Jesus erlaubt, deinen Zustand zu ändern.

Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2. Korinther 12,10) Das war schon bei Jesus so: In welchem Moment hat er die Menschheit erlöst und die Sünde besiegt? Bei seinem Tod am Kreuz. Jesus war in dem Moment am stärksten, in dem er ganz schwach war und erklärte so durch sein Leben und Sterben was es heißt:

Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2. Korinther 12,10) Jesus Christus ist der einzige Helfer, der aus dem todbringenden Schlamm der Sünde heraus helfen kann. Wenn jedoch „Sünde“ für dich noch gar kein Problem ist, oder in falsch verstandener Weise kein Problem mehr ist, wirst du nicht nach diesem wunderbaren Helfer fragen.

Deshalb will ich Euch heute darauf aufmerksam machen: Manchmal werdet ihr schwere Zeiten erleben und euch ganz am Ende, ganz schwach, total miserabel fühlen. Dann denkt nicht, Jesus habe euch vergessen, sondern bejaht diese Schwachheit, weil nur dann, wenn ihr diesen Zustand im Vertrauen auf Jesus bejaht, die Kraft Gottes in eurem Leben wirksam werden kann.

2. Wozu uns die Einsicht der Armut und Schwachheit führen kann.

Sie kann in tiefe Verzweiflung und totale Mutlosigkeit führen und viele Menschen haben in solchen Situationen ihrem Leben schon ein Ende gemacht.

Sie kann jedoch auch, wenn ich Jesu Einladung ernst nehme, zu echtem Vertrauen auf Jesus Christus führen. Er sagt gerade zu solchen Geschlagenen:

Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch ausruhen lassen.“ (Matthäus 11,28) Wir haben Schmerzen unterschiedlichster Art auszuhalten: Feindschaft, Beleidigungen, Krankheiten, Todesfälle, Minderwertigkeitsgefühle, Unverständnis, Versuchungen, Scheitern etc. Als Getaufte sollt ihr aber wissen, dass dies äußerst wertvolle Momente sind.

Warum? Nur wer sich unfähig fühlt, aus eigener Kraft bestimmte körperliche und seelische Prüfungen zu bestehen, sieht einen Sinn darin, sich Gott anzuvertrauen. Und Gott - angezogen von diesem Vertrauen - greift ein. Wo Gott wirkt, da geschieht Großes, das auf der Basis unserer Kleinheit noch größer erscheint.

Jesus schenkt sich selbst und damit Kraft zum Leben. Aber nicht diese „Überfliegerkraft“, sondern die „Untendurchkraft“, die er vorgelebt hat. So, in der engen Gemeinschaft mit Jesus, wird aus unserer Schwachheit Stärke, weil er unsere Stärke ist.

Werdet stark durch die Verbindung mit dem Herrn! Lasst euch stärken von seiner Kraft!“ (Epheser 6,10) Deshalb kann ich mich sogar meines Klein-Seins und meiner Schwächen „rühmen“ (2. Korinther 12,9). Sie erinnern mich daran, Gott Raum zu geben.

Die Frage, die jeder an dieser Stelle beantworten muss lautet: Willst du die vom Zeitgeist angepriesene Stärke in deinem Leben verwirklicht sehen, oder die Stärke, wie Jesus sie dir vorgelebt hat? Diese Stärke der Liebe, die sich nicht im Egoismus verliert?

Die Erklärung deiner Ohnmacht säubert den Schauplatz deines Lebens für Gottes Taten. Gib deine Sorge, deine Not an Gott ab! Lass los, was du bis jetzt so festgehalten hast, als müsstest und könntest du es selbst regeln! Du kannst nicht mehr, aber Gott kann. Lege alles aus deiner Hand in Gottes Hand. Gib ihm die Bahn frei! Dann wirst du erfahren, was der Allmächtige kann. Das Ende deiner Kraft kann der Anfang des Eingreifens Gottes in deinem Leben werden.

3. Innehalten und Jesus Christus in meiner Armut und Schwachheit ernst nehmen.

Dieser Stopp ist wichtig und nötig, weil Satan uns ständig belügen und verführen will. Entweder will er uns dazu bringen, uns „trotzig“ selbst zu behaupten, indem wir stur daran festhalten: „Ich schaffe das schon!“ Oder, wenn das nicht klappt, sucht er uns „verzagt“ zu machen, indem er uns einflüstert: „Du bist ein Versager! Du kannst ja gar nichts!“ (Jeremia 17,9)

Deshalb ist dieser Halt wichtig, bevor du dich entscheidest. Denn neben den Möglichkeiten trotzig weiterzumachen oder verzagt aufzugeben gibt es noch den goldenen Weg: Denke an Jesus, für den deine Schwäche die große Chance darstellt, dein Leben zu erneuern und sprich:

Ich vermag alles durch den, der mich kräftigt - Christus.“ (Philipper 4,13) Dass du nicht begabter bist, ist nicht schlimm. Wenn du nur das bisschen Begabung ihm hinhältst. Schlimm wird es erst dann, wenn du es ihm entziehst. Dass du nicht stärker bist, muss dich nicht bekümmern, wenn du die wenigen Kräfte nur ihm überlässt. Dass du nicht kontaktfähiger bist, ist zwar nicht angenehm, aber auch nicht tragisch, wenn du die geringe Kontaktfähigkeit nur ihm bringst, anstatt dich damit zurückzuziehen.

Dein Mangel oder deine Schwachheit, auch im Kampf gegen die Sünde, wird Jesus nie in Verlegenheit bringen. Vor dem Wenigen kapituliert er nicht, wenn er nur darüber verfügen kann. Er nimmt dein geringes Können, deine schwache Kraft an und macht etwas daraus, so dass es sehr wohl zur Ausführung der dir vom ihm übertragenen Dienste ausreicht.

Es ist keine Sünde, deine Schwachheit festzustellen, aber es ist Sünde, nicht an Gottes Stärke zu glauben. Es ist keine Sünde, unfähig zu sein, sein Geld abzugeben, doch es ist Sünde, nicht zu glauben, dass Gott dich zu einem frohen Geber machen kann. Es ist keine Sünde, ein unbeherrschtes Wesen zu haben, doch es ist eine Sünde, den Glauben abzulehnen, dass Gott dich zu einem geduldigen Menschen machen kann. Es ist keine Sünde, eine unüberwindlich erscheinende Sünde in seinem Leben zu wissen, doch es ist eine Sünde, nicht zu glauben, dass Gott diese Sünde in deinem Leben überwinden kann.

Wozu ist das alles so eingerichtet worden? - Damit aller Ruhm, alle Ehre für die Erlösung vom Bösen und die Überwindung des Bösen Jesus zuteil wird. Sonst werden wir hochmütig und deshalb wieder schwach.

Wir sollen ein JA zu unserem Schwach-sein finden, damit Jesus in uns stark sein kann. Wer an Jesus glaubt, gibt zu verstehen, dass in seinem Leben Christus in allem den Vorrang haben soll, besonders vor allen euren Schwächen. Jesus ist eure Stärke. Das kann euch gelassen, froh und mutig machen. Jesus wird in euch stark sein. Gebt ihm dazu reichlich Gelegenheit.

Manfred Herold



Manfred Herold