Die Prinzipien der Zehn Gebote

Jeder Mensch, angefangen bei Adam und Eva, ist moralisch an die Zehn Gebote gebunden, denn sie sind Ausdruck des moralischen Wesens Gottes. Deshalb sind in einem bestimmten Sinn sogar die erlösten Heiligen der Ewigkeit noch an diese Gebote gebunden. Sie werden sich nämlich freuen, in alle Ewigkeit diese Zehn Gebote halten zu wollen und zu können. Deshalb wird in der Ewigkeit auch Gerechtigkeit und Friede regieren.

Die Zehn Gebote sollen den Menschen an seine moralische Pflicht dem Schöpfer und seinem Mitgeschöpf gegenüber erinnern. Die Zehn Gebote waren, als Mose sie von Gott auf Steintafeln empfing, also keine neuen Standards, sondern lediglich eine Festschreibung dessen, was schon von Anbeginn der Schöpfung an Gültigkeit hatte. - Ich möchte heute einige Gedanken weitergeben, die uns helfen können, die 10 Gebote noch besser zu verstehen und anzuwenden:

1. Das Grundprinzip der Gebote im Auge behalten.

Das Grundprinzip, das Ziel der Gebote, das wir im Auge behalten sollen, ist LIEBE. Jesus lehrt, dass das ganze Gesetz an 2 Geboten hängt (Matthäus 22,37-40): Gott zu lieben und seinen Nächsten, wie sich selbst. Beachten wir: Beide Gebote haben EIN Ziel, nämlich die Liebe, d.h. Gott zu lieben und seinen Nächsten zu lieben. Deshalb heißt es in Römer 13,10: „Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.“ Und in 1. Timotheus 1,5 sagt Paulus: „Das Endziel des Gebotes aber ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.“ Die Zehn Gebote sind eine göttliche Zusammenfassung zum Thema Liebe.

Die ersten vier Gebote lehren uns die Liebe zu Gott und die anderen sechs die Liebe zum Nächsten. (Römer 13,9-10) Die Zehn Gebote sind keine Pflichten um der Pflichten willen. Es sind praktische Instruktionen, wie wir lieben können. Das ist das Herz und die Seele aller biblischen Ethik: LIEBE. Die Zehn Gebote sind ein Wunder an Klarheit, Kürze und Prägnanz. Sie fassen alle unsere Pflichten gegenüber Gottes Moralgesetz zusammen.

Die Gebote sind also eine Zusammenfassung, ein Überblick und keine ausführliche Liste. Man kann nicht sagen: die Zehn Gebote meinen nur das, was sie konkret ausdrücken. Ich muss z.B. darauf achten, was Jesus zu den Geboten gesagt hat und was Paulus dazu sagte. Die ganze Bibel hat eine Menge über die Zehn Gebote zu sagen.

Die Hauptaufgabe der Zehn Gebote ist es, uns zur Ehre Gottes in das Bild Jesu umzuformen. Das Ziel der Gebote ist Liebe zur Ehre Gottes. Dieses göttliche Ziel der Gebote müssen wir im Auge behalten. Die Pharisäer hatten dieses Ziel völlig aus den Augen verloren und deshalb aus ihrer Gesetzestreue ein Schauspiel für die Menschen gemacht. Sie machten aus dem Gesetz ein Werkzeug der Selbsterhöhung.

2. Die Prinzipien der Gebote als Lebensgrundlage ansehen.

Es sind geistliche Prinzipien. - „Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist.“ (Römer 7,14) Normalerweise haben Menschen die Tendenz in sehr oberflächlicher Weise über die Gebote zu denken. Wir meinen z.B., das Gesetz wolle nur unsere äußeren Handlungen regulieren und nicht auch unsere Herzen. Die wahre Aufgabe des Gesetzes ist es jedoch, unser Denken und Fühlen zu regieren und zu beherrschen. Der Herr des Gesetzes ist Geist. Er sieht, was in unserem Herzen vor sich geht und ist deshalb keineswegs nur mit äußerlichen Richtigkeiten zufrieden. Er kennt sowohl unsere unreinen Gedanken, als auch unser falsches Tun.

Gott gibt uns durch die Zehn Gebote die Möglichkeit, seinen Willen kennen und schätzen zu lernen. Wir sollen wissen, was zu lieben und was zu hassen ist. Es ist nicht genug die verbotenen Handlungen zu unterlassen, wir sollten schon die Gedanken daran meiden. Jesus sagt, dass der ehebrecherische Gedanke nicht weniger sündig ist, als die Tat selbst. Dasselbe Gebot, das Ehebruch verbietet, verbietet auch die zum Ehebruch führende Lust (Matthäus 5,28). Hier können wir sehen, dass das Gebot unser Herz meint und nicht nur unser Verhalten.

In gleicher Weise sagt Jesus, dass es nicht genügt, den Nächsten nicht umzubringen, sondern du sollst auch keine bösen Gedanken über ihn haben, weil die schlechten Gedanken zu schlechten Taten führen (Matthäus 5,21f). Das heißt, dasselbe Gebot, das uns verbietet zu morden, verbietet uns auch rachsüchtige Gedanken. Dieser Grundsatz gilt für das ganze Gesetz. Es geht Gott um unser Herz. Hier erkennen wir den wahren Ansatzpunkt echten Gehorsams: nicht nur äußerlich, sondern von Herzen.

Die einzelnen Gebote stehen immer als Teil für ein Ganzes. Es ist im einzelnen Gebot immer mehr enthalten, als ausgesprochen wird. Z.B. sagt das 5. Gebot: „Ehre Vater und Mutter...“ Die Bibel lehrt jedoch klar, dass mit diesem Gebot die Unterordnung unter jede uns übergeordnete Autorität gemeint ist. Deshalb nannte Elisa Elia seinen Vater, obwohl er nicht sein natürlicher Vater war. („Sprich nie unhöflich mit einem älteren Mann, sondern ermahne ihn mit allem Respekt, als wäre es dein eigener Vater. Mit den jüngeren Männern sprich, als wären es deine Brüder. Behandle die älteren Frauen wie deine eigene Mutter und die jüngeren Frauen mit Zurückhaltung, als wären sie deine eigenen Schwestern.“ 1. Timotheus 5,1-2)

Das 5. Gebot gibt uns Auskunft darüber, wie wir uns jedem gegenüber verhalten sollen, der Autorität hat. („Erweist jedermann Achtung, liebt die Bruderschaft, fürchtet Gott, ehrt den König!“ 1. Petrus 2,17; „In der Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor!“ Römer 12,10) Das schließt sogar ein, dass wir Kinder ehren sollen. Den Kindern wird gesagt, dass sie ihre Eltern ehren sollen. Implizit heißt das jedoch für Eltern, dass sie sich ehrenhaft verhalten sollen, also der „Ehre wert“ sein sollen. Wer die Gebote nur auf ihren Wortsinn reduziert, der macht sich in gleicher Weise schuldig, wie es die Pharisäer und Schriftgelehrten waren. Der Buchstabe des Gebotes ist niemals der ganze Sinn des Gesetzes.

Es sind perfekte Prinzipien. - Das Gesetz ist perfekt und beansprucht totalen Gehorsam. Teilweiser Gehorsam ist dasselbe wie Ungehorsam. Jakobus sagt, dass das Gesetz in all seinen Geboten miteinander verbunden ist, sodass ich das ganze Gesetz gebrochen habe, wenn ich ein Gebot breche (Jakobus 2,10).

3. Die Prinzipien der Gebote haben stets zwei Seiten.

Immer wenn in den Geboten etwas Schlechtes verboten wird, ist gleichzeitig das gegensätzliche Gute geboten. Und wo etwas Gutes geboten wird, ist das gegensätzliche Schlechte verboten. - Z.B. wenn Gott uns verbietet, seinen Namen zu missbrauchen, gebietet er uns damit zugleich, ihn d.h. seinen Namen zu loben (2. Mose 34,14). - Wenn Gott uns verbietet zu stehlen, gebietet er uns zugleich die Güter unseres Nächsten zu schützen (Matthäus 7,12). - Wenn er uns verbietet zu töten, gebietet er uns zugleich zu lieben (1. Petrus 1,22). - Wenn er verbietet etwas zu begehren, gebietet er uns zugleich uns mit dem, was wir haben genügen zu lassen (Hebräer 13,5). Jedes Gebot enthält ein Verbot und ein Gebot. Hier sehen wir: Die Pflichten des Gesetzes sind nicht bereits dann erfüllt, wenn wir sie dem Buchstaben nach halten, sondern erst, wenn wir die Implikationen beachten und erfüllen.

Die Gebote sind nicht nur negativ, sie sind negativ und positiv zu gleicher Zeit. Alles Positive hat eine negative Seite und umgekehrt. In Epheser 4,28 wird zuerst das Verbot unterstrichen: „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr..“, dann wird die positive Seite des Gebotes hinzugefügt: „sondern bemühe sich vielmehr, mit den Händen etwas Gutes zu erarbeiten, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe.“ Das Gebot einzuhalten bedeutet also nicht nur nicht zu stehlen, sondern zu arbeiten und anderen abzugeben.

Wenn eine Sünde verboten wurde, sind alle Sünden derselben Art verboten und wenn eine Pflicht geboten ist, sind alle Pflichten derselben Art ebenso geboten. Wenn der Herr Ehebruch verbietet, verbietet er damit alle Arten unreiner sexueller Beziehungen (Sodomie, Inzest, Homosexualität etc.). So verstand Jesus die Gebote.

Wenn die großen Sünden einer Art verboten sind, sind die „kleineren“ Sünden derselben Art ebenso verboten. Durch das Verbot des Schlimmsten soll uns eine heilige Scheu vor dem befallen, was es anbahnt und ermöglicht. Wenn der Herr uns verbietet jemanden zu töten, verbietet er uns auch ihn zu schlagen oder zu hassen. Weil das Stehlen verboten ist, ist auch alle Betrügerei verboten, die darauf hinausläuft.

Wenn eine Sünde verboten ist, sind die Ursachen und Gelegenheiten zu dieser Sünde ebenfalls verboten. Wir dürfen bestimmte Dingen nicht nur nicht tun, sondern es ist uns auch verboten, Gelegenheiten zu dieser Sünde herbeizuführen. (Personen ohne Führerschein den Autoschlüssel zu geben; großzügig Partys zu gestatten; Jugendliche und Alkohol) Wenn Totschlag verboten ist, sind Eifersucht und Zornausbrüche auch verboten, denn sie bieten Anlässe zum Totschlag. Da Ehebruch verboten ist, ist alles was dazu führen könnte auch verboten (Sprüche 5,8). Da Kinder angehalten sind, ihre Eltern zu ehren, sind diese auf der anderen Seite verpflichtet, ihre Kinder nicht zu provozieren (Kolosser 3,20-21). Deshalb ist Hass genau so verboten, wie Mord, weil aus ihm der Mord entsteht. („ Meidet das Böse in jeglicher Form!“ 1. Thessalonicher 5,22; „Gebt dem Teufel keine Chance“ Epheser 4,27) Christus als Herrn angenommen zu haben bedeutet, alles abzulehnen, was ihm entgegensteht.

4. Die Prinzipien der Gebote verpflichten uns.

Das Gebot legt uns die Verpflichtung auf, unseren Einfluss oder unsere Möglichkeiten zu nutzen, andere zu ermutigen und anzuleiten, das Gesetz einzuhalten. - Andererseits verbietet uns die Schrift irgend etwas mit der Sünde eines anderen Menschen zu tun zu haben, ihn dazu zu ermutigen oder ihm gar dabei zu helfen. Christen dürfen sich nicht an Übertretungen des Gesetzes beteiligen (1. Timotheus 5,22). Wir haben andere zu unterrichten, dass die es lernen, die Gebote zu halten. (Matthäus 5,19f)

Unsere Verpflichtung Gott gegenüber ist größer, als unsere Verpflichtungen Menschen gegenüber. - Die erste Tafel der Gebote muss die 2. Tafel regieren. - „Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter, seine Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein.“ (Lukas 14,26) Es klingt hier so, als verletze Jesus das 5. Gebot. Aber er will nur sagen: Die Liebe zu mir ist höher zu bewerten, als jede andere Liebe. Sogar als die Liebe zu sich selbst. Im Vergleich mit unserer Liebe zu Gott soll jede andere Liebe wie Hass aussehen. Das 1. Gebot kommt vor dem 2. Gebot. Jesus betont hier die Wertigkeiten der Gebote.

Apostelgeschichte 5,29 „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ d.h. manchmal müssen wir unsere Pflichten Menschen gegenüber hinter die Verpflichtungen, die wir Gott gegenüber haben, zurückstellen.

Werden wir Christen es lernen, dass Liebe zur Gerechtigkeit notwendigerweise Hass gegen die Sünde bedeutet? Dass Christus annehmen heißt, sich selbst zu verwerfen? Dass wir nur dem guten Weg folgen können, wenn wir vor dem bösen fliehen? Dass ein Freund dieser Welt ein Feind Gottes ist? Dass Gott keine Grauzone erlaubt, in die der Ängstliche und Zweifler fliehen kann, um einerseits der Hölle zu entrinnen und andererseits der Strenge gegenwärtiger Züchtigung zu entgehen?

Zum Schluss: Was will ich mit dieser Predigt erreichen?

  1. Dass wir wahre Gottesfurcht lernen.

  2. Dass wir Gottes Wort gegenüber sensibler werden.

  3. Dass wir unsere Sündhaftigkeit deutlicher erkennen.

  4. Dass wir die Auferstehungskraft Christi noch mehr schätzen lernen, weil er uns allein durch seinen Geist dazu verhilft, all das zu auszuleben, was seine Gebote sagen.

Manfred Herold


Manfred Herold