Was es bedeutet, ein Gotteskind zu sein und immer mehr zu werden.

Es passierte Mitte des 19. Jahrhunderts in einer kleinen Grafschaft Mitteldeutschlands. Aus Rache für die ungerechte Behandlung durch den Fürsten, raubten Landfahrer den 2 jährigen einzigen Sohn des Herrschers aus dem Schlosspark und verschwanden spurlos. Die sogleich einsetzende verzweifelte Suche blieb erfolglos. - Etwa 18 Jahre später beichtete eine sterbende Romamutter einem Priester: „Mein Junge ist ein Fürstensohn. Wir haben ihn entführt. Er weiß nichts von seiner Herkunft. Bringen sie ihn zurück, - hier sind seine Sachen von damals." Der Priester brachte den jungen Mann seinen Eltern zurück. An einem Muttermal und den damals mit dem Jungen verschwundenen Sachen erkannten sie ihren Sohn. Die Freude war riesig und der Fürst setzte ihn sofort in alle seine alten Rechte ein. Aber damit begann eine keineswegs leichte Zeit für alle Beteiligten.

Diese wahre Begebenheit kann uns helfen, grundlegende Anfangsschwierigkeiten eines Menschen, der ein Christ, d.h. ein „Gotteskind“ wird, zu verstehen und zu überwinden. Viele Christen begreifen nie wirklich, in welch grundlegend neuen „Stand“ sie durch das in Anspruch genommene Erlösungswerk Jesu Christi eintreten und welche Konsequenzen das für sie hat und warum. Betrachten wir zunächst ....

1. Die neue Stellung

Durch sie war die VERGANGENHEIT des jungen Mannes erledigt. Als er eines Tages mit seinem Vater in der fürstlichen Kutsche durch das Residenzstädtchen fuhr, riefen einige Passanten: „Seht, da kommt der Zigeuner!" Sie bekamen es mit dem Vater zu tun, denn der Junge war jetzt ein Fürstensohn! - „Wenn jemand zu Christus gehört, ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; etwas ganz Neues hat begonnen (2. Korinther 5,17)!

Genau so wenig, wie der Junge sich damals selbst von seiner Vergangenheit befreien konnte, können wir es. Aber unser himmlischer Vater kann und will es um Jesu willen tun, wenn wir es uns gefallen lassen: „Ihr alle seid also Söhne und Töchter Gottes, weil ihr an Jesus Christus glaubt und mit Ihm verbunden seid“ (Galater 3,26). Der Christ erhält eine neue Stellung, einen neuen Stand („in Christus“), die Vergangenheit wurde ausgelöscht, etwas ganz Neues hat begonnen: Epheser 2,3-6+8-9. Das alles ist das Werk unseres Vaters im Himmel, der jeden, der Jesu Erlösungswerk annimmt, so behandelt. Niemand kann durch eigene Anstrengungen ein Kind Gottes werden. Wohl aber können wir das Angebot, ein Gotteskind zu werden, wie jener Sohn damals annehmen oder ablehnen.

Durch die neue Stellung war und ist auch die SCHULDFRAGE ein für allemal gelöst: Eines Tages kamen einige Bauern zum Fürsten und erhoben Anklage gegen den Sohn, er habe sie vor 3 Jahren bestohlen! Was tat der Fürst, nachdem sich die Anschuldigungen als wahr erwiesen hatten? Jagte er seinen Sohn davon? NEIN! Er sprach: „Ich komme für alles auf!“ So kommt es auch in unserem Leben vor, dass uns andere Menschen, ja unser eigenes Herz (1. Johannes 3,20), oder der Satan (Offenbarung 12,10) wegen unserer Schuld verklagen.

Was ist dann zu tun? Wir sollen uns an unsere Stellung in Christus erinnern: „Wer wird es noch wagen, Anklage gegen die zu erheben, die Gott erwählt hat? Gott selbst erklärt sie ja für gerecht. Ist da noch jemand, der sie verurteilen könnte? Jesus Christus ist doch ´für sie` gestorben, mehr noch: Er ist auferweckt worden, und Er ´sitzt` an Gottes rechter Seite und tritt für uns ein“ (Römer 8,33-34)! Die Schuldfrage ist vom Vater durch Jesus ein für allemal geklärt worden. Zweifel daran wären eine Beleidigung des Vaters und des Erlösungswerkes Jesu.

Durch die neue Stellung kam es zu einem HERRSCHAFTSWECHSEL im Leben des Sohnes: Früher war ein Mann sein Boss, der ihm allerhand Schlechtigkeiten und üble Tricks beigebracht und dann ihre Ausführung von ihm verlangt hatte. Nun war der Fürst sein Vater und als Sohn brannte er darauf, von ihm die Grundsätze von Recht, Gerechtigkeit, Güte und Weisheit zu erlernen und anzuwenden. Durch die Annahme an Sohnes-statt war dieser Herrschaftswechsel zustande gekommen.

Wiederum war es nicht der Junge, sondern der Vater, der dies bewirkte. Ebenso ist es mit allen, die Gotteskinder werden! Der Sohn war seinem alten Leben gestorben, er wollte davon nichts mehr wissen und lebte ein völlig neues Leben („..wie Christus durch die Lebensmacht Gottes, des Vaters, vom Tod auferweckt wurde, so ist uns ein neues Leben geschenkt worden, in dem wir nun auch leben sollen.“ - Römer 6,4).

Hast du dich schon von Gott adoptieren lassen? Du hast kein Anrecht darauf, aber der Vater lädt dich zu Sich ein! Dein Leben kann noch einmal unter ganz neuen Vorzeichen beginnen: befreit von den Lasten der Vergangenheit und der Schuld, unter einem neuen wunderbaren Herrn. - Bist du dir als Christ deines neuen Standes, deines neuen Seins dankbar und froh bewusst? („Ihr Lieben, wir sind schon Kinder Gottes“ 1. Johannes 3,2 = Was wir SIND!)

2. Die neuen Möglichkeiten

Die Tatsache, dass er jetzt ein Fürstensohn geworden war, hatte, ganz ohne sein Zutun, einige weitreichende Folgen für ihn. Obwohl er das zu Anfang gar nicht recht verstehen konnte, taten sich wunderbare, neue Möglichkeiten für ihn auf. - In noch unvergleichlich größerem Maße erhalten Gotteskinder aufgrund ihres NEUEN STANDES, ganz ohne ihr Zutun, neue Möglichkeiten. Die Frage ist nur: Glauben wir das und nutzen wir sie?

Eine Folge war sein neuer REICHTUM. Der Vater spricht: „Mein Sohn, du bist immer bei mir, und dir gehört alles, was ich habe“ (Lukas 15,31)! Glaubst du, dass all die Freude, die Zufriedenheit, die Kraft, der Friede, die Liebe des lebendigen Gottes dir zur Verfügung steht? Machst du davon Gebrauch? („Ich danke meinem Gott ständig dafür, dass Er euch durch Jesus Christus Seine Gnade geschenkt hat. Durch sie seid ihr reich geworden an allem…“ 1. Korinther 1,4-5)

Nicht, dass wir das verdient hätten oder erarbeiten könnten, wir bekommen all das geschenkt (Römer 8,32). - Wie traurig mag der Fürst wohl geworden sein, als er eines Tages seinen Sohn in der Stadt die Leute nach alter Gewohnheit anbetteln sah, nur weil er es nicht glauben wollte, dass der ganze Reichtum des Vaterhauses auch ihm, dem Sohn, gehörte!?

Eine weitere Folge war der SCHUTZ, unter dem er jetzt stand. Eines Tages wollten einige Männer, denen der Sohn vor einiger Zeit übel mitgespielt hatte, sich an ihm rächen. Als sie jedoch von seiner jetzigen Stellung erfuhren, ließen sie von ihrem Vorhaben ab („Wenn Gott für uns ist, wer kann da noch gegen uns sein?“ Römer 8,31). Wir können, weil wir von Gott angenommen worden sind, im Frieden leben („Ich gebe ihnen das ewige Leben. Sie werden niemals verloren gehen, und niemand wird sie aus Meiner Hand reißen.“ Johannes 10,28; 16,33). Gott ist treu!

Jetzt hatte er auch die Möglichkeit des FREIEN ZUGANGS zum Vater („Durch Ihn (= Jesus) haben wir alle, die wir an Ihn glauben, freien Zutritt zu Gott und dürfen zuversichtlich und vertrauensvoll zu Ihm kommen.“ Epheser 3,12). Sehen wir darin noch das besondere Vorrecht, welches es darstellt? Nutzen wir diese Chance zu regelmäßigem Gebet, Anbetung, Lobpreis und Fürbitte?

Eine weitere Folge seiner Stellung war seine VOLLMACHT. - Eines Tages kam der Vater gerade dazu, als der Sohn sein Zimmer umräumte. Er wuchtete die schweren Möbel von einer Seite auf die andere und war ganz erledigt. Der Vater sagte: „Warum befiehlst du denn der Dienerschaft nicht, diese Arbeit zu tun? Du bist doch mein Sohn, du brauchst doch nur ein Wort zu sagen!“ (Johannes 1,12; Lukas 15,22) Jedes Gotteskind hat Vollmacht übertragen bekommen: gegen den Bösen und seine Diener, um Widerstand zu leisten, das Feld zu behalten und alles wohl auszurichten (Matthäus 18,18-19; Jakobus 4,7; Epheser 6,12-13)

Noch eine Folge seiner Stellung war die, dass er auf einmal GESCHWISTER hatte. Früher war er immer allein gewesen und hatte manchmal darunter gelitten. Während dieser Zeit war er ein großer Egoist geworden. Nun musste er lernen was es heißt, Geschwister zu haben. Er hatte sie sich nicht ausgesucht. Sie waren einfach da und sie hatten es nun alle miteinander zu lernen, als Kinder EINES Vaters zu leben. (1. Korinther 12,12) Das band sie mit der Zeit fest zusammen.

Christen rechnen im allgemeinen viel zu wenig mit den neuen Möglichkeiten, die sie aufgrund ihrer neuen Stellung in Christus haben. (Was wir SIND! Was wir HABEN!)

3. Das neue Verhalten

Nun gab es damals aber noch ein großes Problem. Obwohl seinem Stande nach ein Fürstensohn, hatte er immer noch seine alten VERHALTENSMUSTER und die waren unmöglich. Wenn man ihn so sah, war er überhaupt nicht das, was man sich unter einem Fürstensohn vorstellte. Was machte der Vater? Verprügelte er den Sohn täglich? Jagte er ihn davon? NEIN!

Er überlegte: „Was kann ich tun, damit sich sein Verhalten seiner Stellung entsprechend ändert?“ Der Fürst engagierte einen WEISEN ERZIEHER, der jedes mal, wenn sich der junge Mann wieder danebenbenahm, nur sagte: „Hoheit sind ein Fürstensohn!“ Er erinnerte den Sohn an seinen neuen Stand. Dies ließ in ihm die Liebe zu dem, dem er alles verdankte, wachsen. Allein die Liebe vermag dauerhafte Verhaltensänderungen zu bewirken. Bald sah der Junior ein: „Hier kann ich mich tatsächlich nicht so benehmen, wie im Wald!“ - Schritt für Schritt änderte er aus Liebe zum Vater sein Verhalten.

Gott hat ähnliche Probleme mit jedem von uns. Wir sind, wenn wir Jesus angenommen haben, Gotteskinder! Aber: Entspricht mein Verhalten meiner Stellung? Wir sind oft noch gar nicht das, was man sich unter einem Gotteskind vorstellt. Auch unser Vater im Himmel jagt uns deshalb nicht davon, sondern Er hat Geduld mit uns und möchte uns durch Seine Wohltaten zur Einsicht bringen, so dass wir falsche, egoistische Wege verlassen („Oder betrachtest du Seine große Güte, Nachsicht und Geduld als selbstverständlich? Begreifst du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr bringen will?“ Römer 2,4).

Wir Gotteskinder haben sogar 2 FÜRSPRECHER oder Erzieher: JESUS und den HEILIGEN GEIST. Denn wenn bei uns etwas verkehrt läuft, muss mit 2 Seiten gesprochen werden: mit dem Vater und mit dem Kind. Jesus ist unser Fürsprecher beim Vater (Hebräer 7,25). Er „berät“ mit dem Vater, was mit uns geschehen soll, welche „Erziehungsmaßnahmen“ ergriffen werden müssen (Hebräer 12,10-11), damit wir sicher das Ziel unserer Berufung erreichen.

Der Heilige Geist ist der göttliche Erzieher, der Tröster, der Beistand in uns. Was tut Er? „Ja, der Geist selbst bezeugt es uns in unserem Innersten, dass wir Gottes Kinder sind.“ (Römer 8,16) Er erinnert uns an unsere Stellung. Er erinnert uns daran, wer wir sind, damit wir das hohe Ziel im Auge behalten, ablegen was nichts taugt und so werden, was wir sind: „Denn ´in Christus` ist Gottes Gnade sichtbar geworden – die Gnade, die allen Menschen Rettung bringt. Sie erzieht uns dazu, uns von aller Gottlosigkeit und von den Begierden dieser Welt abzuwenden und, solange wir noch hier auf der Erde sind, verantwortungsbewusst zu handeln, uns nach Gottes Willen zu richten und so zu leben, dass Gott geehrt wird.“ (Titus 2,11-12).

Machen wir es doch dem in uns wohnenden Heiligen Geist nicht so schwer: uns in den Reichtum des Vaters einzuführen (1. Korinther 2,12); uns den Ihm würdigen Wandel zu lehren (Epheser 4,1); uns gemeinschaftsfähig zu machen (Philipper 2,3-4); in uns Vergebungsbereitschaft zu wirken Matthäus 6,14-15); uns beim Bau der Gemeinde zu gebrauchen (1. Korinther 12,7) usw.

Je klarer uns unsere neue Stellung als Gotteskinder bewusst wird, um so eifriger werden wir uns darum bemühen, dass unser Verhalten unserer Stellung entspricht, unser Zustand unserem Stand. („Es stimmt schon, ich bin nicht, was ich sein möchte, und ich bin nicht, was ich sein werde, aber eins ist sicher: ich bin nicht mehr das, was ich einmal war!“) Lieben wir um Jesu und des Vaters willen, was wir SOLLEN? (Was wir SIND! Was wir HABEN! Was wir SOLLEN!)

Willst du dich nicht heute vom Vater im Himmel um Jesu willen als Gotteskind adoptieren lassen? Sollten wir Christen den Vater nicht viel mehr loben und preisen für all die Möglichkeiten, die Er Seinen Kindern schenkt und sie noch viel stärker als bisher nutzen?! Willst du dich nicht heute dem Vater ganz neu zur Durchführung Seines Erziehungswerkes hingeben, damit Er durch deinen Wandel noch viel mehr als bisher geehrt wird?!

Manfred Herold

Manfred Herold